Die jungen Wilden sind zahm geworden. Noch vor kurzem sah es so aus, als wollten Fin- und Insurtechs mit ihren innovativen Geschäftsmodellen die traditionellen Akteure in der Finanz- und Versicherungsbranche hinwegfegen. Doch noch bevor der Kampf um Marktanteile und Kunden richtig entbrannt ist, schließen die jungen Gründer lieber Waffenstillstand. Eine neue Zeitrechnung im Verhältnis von Fintechs zu etablierten Banken bricht an: Kooperation statt Konfrontation ist das neue Credo.

Die Zeichen, dass es mit der Angriffslust vieler Fintechs nicht sehr weit her ist, mehren sich. Immer häufiger gehen die Start-ups lose Kooperationen mit Banken und Finanzvertrieben ein – oder lassen sich ganz schlucken. Jüngstes Beispiel ist Crosslend: Der europäische Online-Marktplatz für Privatkundenkredite erweitert sein Geschäftsmodell und will zukünftig als Partner für Banken auftreten. "Das Rezept liegt in der Verbriefung von Einzelkrediten. Auch kleinere Darlehen werden so in eine handelbare Anleihe umgewandelt und als Wertpapier mit eigener ISIN-Nummer ausgegeben", kommentiert Crosslend-Gründer und Vorstandschef Oliver Schimek im Gespräch mit dem "Handelsblatt" den taktischen Schwenk.

Andere suchen den vollständigen Schulterschluss. Vergangene Woche gab das Fintech-Startup Fidor den Avancen der französischen Bankengruppe BPCE nach und willigte in die Übernahme ein (FONDS professionell ONLINE berichtete). "Wir schließen endgültig die Start-up-Phase ab und wandeln uns zu einem Growth-Unternehmen", sagte Fidor-Vorstandschef Matthias Kröner. Beobachter bezweifeln allerdings, dass es sich hierbei um eine Liebesheirat handelt. "Es dürfte kaum der Zielsetzung von Fidor entsprechen, Teil einer französischen Großsparkasse mit über 100.000 Mitarbeitern und  8.000 Filialen zu werden", kommentiert das "Handelsblatt" den Deal.

Schnoddrigkeit ist noch kein Geschäftsmodell
Mehr und mehr wird klar: Viele Fintechs wollen die etablierten Anbieter gar nicht ins Wanken bringen. Schon Anfang März war auf der führenden Schweizer Branchenkonferenz "Finance 2.0" nicht mehr viel übrig vom vormals aggressiven Tonfall der Jungfirmen. Viele nutzten das Podium eher für die Eigenwerbung um Partner, so der Eindruck der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ).

"Die Fintech-Revolution hat es bislang nicht vermocht, die bestehende Bankeninfrastruktur zu be- oder zu ersetzen. Sie wird nach wie vor von den Vertretern der alten Ordnung, den Banken, repräsentiert", lautet das Zwischenfazit der "Handelsblatt"-Redaktion." Der Schlagabtausch "David gegen Goliath" wird mangels Teilnehmern also nicht stattfinden. (ps)