An den Finanzmärkten läuft es dieser Tage hervorragend. Damit hatten all jene Anleger, die im März 2020 panisch aus dem Markt flüchteten, wohl nicht gerechnet. Im Monat des Corona-Crashs erlitten langfristig ausgerichtete Fonds in Europa nach Schätzungen von Morningstar Abflüsse in Höhe von 246 Milliarden Euro – ein Negativrekord, der sogar den Kapitalschwund während der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 in den Schatten stellt. Belastbare Gründe für die Anleger-Flucht gab es augenscheinlich keine, sagt Morningstar-Experte Valerio Baselli.

Wenn sich ein Fonds über längere Zeit hinweg unterdurchschnittlich entwickelt oder in einem Zeitraum, in dem er aufgrund der ihm zugrundeliegenden Strategie eigentlich hätte durchstarten müssen, dann kann man ihn in der Regel guten Gewissens verkaufen, sagt Baselli. Auch, wenn man bewusst einen risikoarmen Fonds gewählt hat, dieser aber in Bärenmärkten stärker verliert als seine unmittelbaren Wettbewerber, sollte man einen Abschied überdenken. Oder einfach dann, wenn sich herausstellt, dass ein Fonds doch nicht so gut ins eigene Portfolio passt wie gedacht. Was hingegen keine guten Gründe für einen Verkauf sind: eine schwache Kurzfrist-Performance, eine schwankende Wertentwicklung und makroökonomische Nachrichten.

Schwankungen muss man aushalten können
Jedem Fondsmanager kann es passieren, dass er phasenweise schlechte Ergebnisse liefert. "Die meisten Fonds, insbesondere diejenigen, die wirklich aktive Strategien verfolgen, bleiben bisweilen hinter ihren Konkurrenten zurück", sagt Baselli. "Dafür gibt es oft sehr gute Gründe, die manchmal einige Jahre oder länger anhalten." So hinken zum Beispiel defensiv ausgerichtete Fonds ihren offensiven Pendants während einer Marktrally naturgemäß hinterher. Kein Grund, sie aus dem Depot zu werfen, wenn man sie aus strategischen Überlegungen heraus gekauft hat.

Eine volatile Wertentwicklung kann Anleger nervös machen, sollte aber ebenfalls nicht dazu führen, dass hektisch der Verkaufsbutton gedrückt wird. Nur eine Handvoll Fonds schafft es, Jahr für Jahr konstante Renditen zu erzielen, erklärt Baselli. Investoren sollten nicht vergessen, dass ein Kalenderjahr letztlich ein willkürlich festgelegter Zeitraum ist. Legt man einen anderen zeitlichen Maßstab an, präsentiert sich die Fondsperformance womöglich weniger schwankungsreich.

Privatanleger hinken immer hinterher
Ein weiterer miserabler Grund für einen Fondsverkauf sind makroökonomische News, etwa zur Zinsentwicklung, zu den Inflationsraten oder zur Konjunktur in China. "Zu dem Zeitpunkt, an dem eine Nachricht ihren Weg in die Schlagzeilen findet, haben andere Marktteilnehmer sie bereits verdaut und eingepreist", erklärt der Morningstar-Experte. Privatinvestoren ohne Zugang zu Top-Quellen sind in der Regel zu spät dran. Statt Fonds überhastet zu verkaufen, sollten sie lieber auf die Qualität und die Gesamtkosten ihrer Anlage achten, rät Baselli. (fp)