Die neue EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie (Insurance Distribution Directive, IDD) soll bekanntlich Anfang 2018 in Kraft treten. Zuvor muss die EU-Kommission unter Zuarbeit der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA die "delegierten Rechtsakte" formulieren, die bestimmte Inhalte der IDD präzisieren.

Die EIOPA hat nun in diesem Zusammenhang erste Richtlinienerläuterungen veröffentlicht, die sie selbst zwar ausdrücklich als vorläufig bezeichnet, mit denen sich die nationalen Behörden aber schon jetzt auf die kommenden endgültigen Auslegungen der EIOPA einstellen können. Hier sollten auch Vermittler und Vertriebe genau aufpassen und hinschauen. Denn thematisch bezieht sich das EIOPA-Papier auf die Aufsichts- und Lenkungsanforderungen an Produktentwicklungsprozesse (Product Oversight and Governance, POG).

Dieser POG-Bereich umfasst die IDD-Vorgaben zu dem sogenannten Zielmarkt. Darunter versteht die Behörde eine von dem Versicherer definierte Kundengruppe, für die das Produkt gedacht beziehungsweise geeignet ist. Die EIOPA hat dazu eine Liste von Punkten zusammengetragen, die den Versicherern als "Gedankenstütze" dienen sollen, um diese Zielgruppe zu definieren. Unter anderem soll Versicherungs- und Finanzwissen ein Kriterium sein: Die Kunden müssen in der Lage sein, das Produkt zu verstehen. Eine andere Vorgabe für den Zielmarkt ist, dass auch der finanzielle Hintergrund des Kunden berücksichtigt werden muss. Beispielsweise passe ein risikoreiches anlagebasiertes Versicherungsprodukt nicht zu einem Geringverdiener.

Kein Verkauf an die falsche Zielgruppe
Eine weitere wichtige Vorgabe der EIOPA ist, dass sich die Vertriebsstrategie und der vom Versicherer definierte Zielmarkt nicht widersprechen dürfen, es muss also verhindert werden, dass ein Produkt an die falsche Zielgruppe verkauft wird. Die Behörde weist ausdrücklich darauf hin, dass Vermittler daher entscheiden müssen, ob ein Produkt mit oder ohne Beratung verkauft wird. Damit könnten beispielsweise komplexe Policen wie Lebensversicherungen bei Online-Anbietern zur Disposition stehen: Eine vollelektronische Beratungsstrecke ist schwierig und teuer aufzusetzen.

Zudem schärft die Behörde den Marktteilnehmern erneut ein, dass sie Interessenkonflikte beim Vertrieb von Versicherungen vermeiden müssen. Darunter versteht EIOPA vor allem, dass Produkte nicht wegen der hohen zu erwartenden Vergütung vermittelt werden. Die nationalen Aufsichtsbehörden werden dies verstärkt im Auge zu behalten haben. (jb)