Die Inflation ist derzeit das beherrschende Thema für die Finanzwirtschaft. Was genau sind ihre Ursachen? Wie kann man sie bremsen? Das sind die beiden Hauptfragen, die sich Banker, Asset Manager, Versicherer und auch Finanzanlagenvermittler und -berater hierbei stellen. In seinem Vortrag auf dem FONDS professionell KONGRESS 2022 in Mannheim hat der Würzburger Wirtschaftsprofessor und ehemalige Wirtschaftsweise Peter Bofinger auf Einladung von Generali Investments Partners Antworten auf diese Fragen gegeben – und dabei mit einigen Missverständnissen aufgeräumt.

Bofinger betonte, dass es noch vor rund einem Jahr schlicht keine Inflationssorgen gab. Keines der bekannten Wirtschaftsforschungsinstitute hatte die Preissteigerung auf dem Zettel. "Der Grund dafür ist einfach, dass die Inflation eine Folge des Krieges in der Ukraine ist – und Krieg kann man nicht vorhersagen", so der Wirtschaftsexperte. Hinzu komme, dass sich mit Russland und der Ukraine zwei der wichtigsten globalen Rohstoffproduzenten bekämpfen. Russland ist sogar der größte Exporteur von Gas und Öl. Dadurch steigen die Energiepreise und befeuern weiter die Inflation. Als ob das nicht genug wäre, kommen weitere Faktoren hinzu: "Die Corona-Pandemie hat zu Unterbrechungen der globalen Lieferketten geführt, vor allem in China. Das wiederum bedeutet eine Verknappung des Angebots und damit Inflation." 

US-Amerikaner haben mehr Geld in der Tasche 
Bofinger erläuterte, dass es einen Unterschied zwischen Europa und den USA gibt: In den Vereinigten Staaten sei der Nachfragedruck seitens der Verbraucher sehr hoch, angefeuert durch die Corona-Hilfspakete der Regierung im vergangenen Jahr. Die Verbraucher hatten plötzlich mehr Geld in der Tasche und wollten das ausgeben – bei einem gleichzeitig niedrigen Angebot. "Daher ist die Inflationsrate in den USA höher als in Europa, was auch die Kerninflationsrate ohne Energie- und Lebensmittelpreise anzeigt", so der Wirtschaftsprofessor.

Weiter verwies er die These ins Reich der Legenden, dass die Europäische Zentralbank (EZB) an der Inflation schuld sei, weil ihre expansive Geldpolitik zu erhöhter Nachfrage geführt habe, die auf ein knappes Angebot treffe. "Nein, die EZB trägt keine Schuld an der Inflation", so Bofingers klares Statement. Es gebe keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Nachfrage und der Geldmenge. Auch bestehe keine kausale Verbindung zwischen den Schulden eines Staates und der Inflationsrate: Japan etwa habe eine sehr hohe Staatsverschuldung, die Inflationsrate liege aber nur bei rund zwei Prozent.

Dilemma für Notenbanken
Wie geht es aber nun weiter, wie kann man die Inflation bremsen? "Die Notenbanken stehen vor einem Dilemma. Wenn sie die Zinsen hochsetzen, um die Inflation zu bekämpfen, dann würgen sie damit auch die Konjunktur ab", sagte Bofinger, die Zentralbanken durchaus in Schutz nehmend. Ein weiteres mögliches Mittel wäre, die Lohn-Preis-Spirale zu stoppen, die ebenfalls die Inflation anheizt. Dazu müssten Arbeitnehmer aber Lohnerhöhungen von maximal 2,5 Prozent hinnehmen – was nur schwer durchzusetzen sei, so der Wirtschaftsexperte. Die beste Inflationsbremse wäre es, wenn die Energiepreise wieder sinken würden, sagte Bofinger. Er fügte aber an, dass dies so schnell sicher nicht der Fall sein wird. Daher sein pessimistischer Ausblick: "Ohne eine Rezession wird es wohl nicht weitergehen." (jb)