Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), mahnt deutsche Sparer, ihr Anlageverhalten zu ändern. Angesichts der extrem niedrigen Zinsen hätten sie es mit ihren Anlage-Entscheidungen auch selbst in der Hand, wie hoch ihre Erträge ausfallen – selbst und gerade in Zeiten niedriger Zinsen, sagte Draghi in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung. In den USA habe es sieben Jahre lang einen Null-Prozent-Leitzins gegeben. Das Finanzsystem habe trotzdem funktioniert. Alternativen zum Sparbuch brächten "gute Erträge", sagte Draghi, der einst für die US-Investmentbank Goldman Sachs arbeitete.

Zudem sollten Sparer den niedrigen Leitzins nicht isoliert betrachten, mahnt Draghi: Immerhin gleiche die niedrige Inflation die negativen Effekte der niedrigen Zinsen für Sparer aus. "Derzeit liegt der reale Zins, also die Verzinsung minus Inflation, höher als im Durchschnitt der 1990er Jahre", so Draghi. Damals sei zwar der Zins höher gewesen als heute, aber zugleich habe es meist eine noch höhere Teuerungsrate gegeben. 

Draghi sorgt sich um die EU
Während er die Konjunktur in Europa im Aufwind sieht, macht sich der EZB-Chef über die Europäische Union (EU) insgesamt große Sorgen. "Wir erleben mehrere Krisen, die alle miteinander zusammenhängen und sich gegenseitig verstärken", sagte er. Umso wichtiger sei es, jedem Nationalismus und Isolationismus zu widerstehen. (fp)