Investmentfonds rücken stärker ins Blickfeld der Regulatoren. Bei einer Konferenz in Frankfurt wies EZB-Vize Vitor Constancio laut Meldungen von Dow Jones und Reuters darauf hin, dass sich die Bedeutung von Fonds für das Finanzsystem in den vergangenen Jahren stark erhöht habe, ohne dass ihre Regulierung dabei Schritt gehalten hätte.

"Die Reform der Finanzregulierung muss daher vervollständigt und um Bemühungen ergänzt werden, die vom Schattenbanksektor ausgehenden Risiken einzudämmen", sagte Constancio. Seine Äußerungen bezogen sich vor allem auf so genannte alternative Investmentfonds (AIF), deren Verschuldung bisher nicht begrenzt ist. Unter diese Gruppe fallen nach herkömmlicher Lesart beispielsweise Hedgefonds und Private-Equity-Portfolios, aber auch Geschlossene Immobilienfonds sowie Infrastruktur- und Sachwerte-Portfolios.

Massenpanik für Fonds existenzbedrohend
Gefährliche Entwicklungen könnten beispielsweise entstehen, wenn Fonds mit hohen Rücknahmen von Anteilen oder gestiegenen Renditeanforderungen konfrontiert seien, sagte der EZB-Vize laut Reuters.

"Dies könnte zu erzwungenen Verkäufen auf Märkten mit geringer Liquidität führen", warnte er. 2015 hatte unter anderem der Internationale Währungsfonds (IWF) vor Gefahren gewarnt, wenn es etwa plötzlich zur massenhaften Rücknahme von Fondsanteilen auf breiter Front kommt.

Schuldenanalyse überfällig
Laut Constancio haben sich die von Investmentfonds verwalteten Mittel zwischen 2009 und 2015 fast verdoppelt - auf 10,5 Billionen Euro. Dass die aus dem Bankensektor bekannten Messgrößen zur Verschuldung möglicherweise nicht die sind, die auch zu Investmentfonds passen, ist Constancio wohl bewusst. "Im Gegensatz zu Bankkapital können Anteile an offenen Investmentfonds eine sehr instabile Finanzierungsquelle sein, weil Investoren ihre Gelder kurzfristig abziehen können", sagte er.

Teil der Verschuldungsanalyse sollte daher auch die Einschätzung der Liquiditätsrisiken sein. "Das Risiko des Mittelabzugs durch Investoren bei offenen Fonds steht eng mit dem Verschuldungsrisiko in Verbindung", sagte Constancio. Darüber hinaus sollte eine neue Regulierung von Investmentfonds den Behörden die Möglichkeit geben, falls notwendig ganzen Gruppen von Fonds strikte Verschuldungsobergrenzen vorzugeben. Damit solle dem Risiko begegnet werden, dass sich einzelne Fonds im Krisenfall zwar nicht als "too big", aber in ihrer Gesamtzahl als "too many to fail" erweisen – und damit eine "Finanzkrise 2.0" auslösen.

Eigene Stresstests gefordert
Bei der frühzeitigen Entdeckung solcher Gefahren würden beispielsweise Stresstests helfen, sagte Costancio. Diese könne die EZB gemeinsam mit der europäischen Wertpapier- und Marktaufsicht ESMA und dem europäischen Ausschuss für Systemrisiken ESRB sowie den nationalen Behörden entwickeln. Weitere Eingriffsbefugnisse für Behörden, um mit Rückzahlungen von Fondsanteilen in großem Stil umzugehen, sollten Constancio zufolge diskutiert werden. (ps)