Das globale Wachstum liege weiterhin im positiven Bereich, habe aber an Tempo verloren, sagt Andrew Wilson, CEO für EMEA und Co-Head des Global-Fixed-Income- und Liquidity-Management-Teams bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM). "Der Deflationsdruck lässt nach, wobei in den USA und Großbritannien eine Schließung der Produktionslücken beobachtet werden kann." Während die Zinswende in diesen beiden Ländern näher rücke, verfolgten die Notenbanken in den anderen großen Volkswirtschaften ihre expansive Geldpolitik nach wie vor mit großem Elan. An den Zinsmärkten nehme die Volatilität zu. "Riskante Anlagen können allerdings vom aktuellen Makroumfeld immer noch weitgehend profitieren", so Wilson. Die Wachstumsverlangsamung in China bereite weiterhin Sorgen, während die Auswirkungen der Griechenland-Krise die Aussichten für die Eurozone trübten.

Die US-Notenbank Fed dürfte sich vorsichtig auf ihre erste Leitzinserhöhung im September oder Dezember zubewegen, schätzt der GSAM-Experte. "Gewisse Abwärtsrisiken bergen hingegen die schwache Verbrauchernachfrage und der starke Dollar", warnt er. Der US-Zinsmarkt reagiere zunehmend auf positive Konjunkturindikatoren, weil die Fed ihre Datenabhängigkeit im Vorfeld der ersten Zinsanhebung betone. "Wir halten Short-Positionen in US-Anleihen und bleiben aufgrund der Wachstumserholung in den USA für den Dollar positiv gestimmt", sagt Wilson. "Für US-Unternehmensanleihen sind wir zuversichtlich, aber dennoch selektiv positioniert, da die Bewertungen fast auf einem fairen Niveau liegen."

Wachstum in der Eurozone verlangsamt sich
Der Aufschwung, den die Wirtschaft der Eurozone im ersten Halbjahr 2015 verzeichnete, kühle ab. "Wir rechnen mit einer gewissen Marktvolatilität, solange Griechenlands Zukunft in der Eurozone noch nicht endgültig entschieden ist", so Wilson. Die anziehende Verbrauchernachfrage werde endlich durch verbesserte Beschäftigungsaussichten gestützt.

Die Konjunkturerholung in Spanien und Italien habe zum jüngsten Aufschwung beigetragen und dürfte anhalten, sofern es nicht zu einem Schock kommt. Allerdings verliere das Comeback der Eurozone an Glanz, da die deutsche Wirtschaft an Fahrt einbüße. "Wir sind in europäischen Anleihen übergewichtet, auch gegenüber ihren US-Pendants im Rahmen unserer Relative-Value-Strategie", sagt der Rentenspezialist. "Im Zuge der anhaltenden Wachstums- und Inflationsdivergenzen zwischen den beiden Volkswirtschaften gehen wir davon aus, dass die Renditen in Europa sinken und noch einige Zeit auf einem niedrigen Niveau verharren werden." (fp)