Mit Stichtag 21. Juni des laufenden Jahres endet die Möglichkeit, Immobilien-Darlehensverträge, die zwischen September 2002 und Juni 2010 geschlossen wurden und fehlerhafte Widerrufsbelehrungen enthalten, unter Berufung auf diese aufzuheben. Berater, die Kunden noch zu einer Änderung ihrer Kredite raten möchten, müssen also den kalender im Blick behalten.

Die Rechtsanwaltskanzlei Trewius in Eislingen, Baden-Württemberg, hat bereits vor rund zwei Wochen die beiden einschlägigen Urteile des Bundesgerichtshofes (BGH) vorgestellt, auf die Kunden sich für einen vorzeitigen Ausstieg berufen können. In einer Pressemitteilung hat sie weitere Gerichtsentscheidungen und vor allem die fehlerhaften Formulierungen zusammengestellt:

Sparkasse
Diese haben etwa zwischen den Jahren 2002 und 2008 Vertragsformulare verwendet, welche die Formulierung "Die Frist beginnt frühestens …" enthielten. Insbesondere für den Bereich des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart steht fest, dass all diese Verträge widerrufen werden können (Urteil vom 24. November 2015, Az.: 6 U 140/14). Vergleichbar sind die Entscheidungen des OLG Nürnberg (11. November 2015, Az.: 14 U 2439/14) sowie des OLG Frankfurt/Main (27. Januar 2016, Az.: 17 U 16/15).

Volksbanken, Raiffeisenbanken, PSD-Banken, Sparda-Banken
Diese Genossenschaftsbanken haben etwa im Zeitraum von 2002 bis 2009 in ihren Immobilien-Darlehensverträgen die Formulierung "… die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags …" verwendet. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) vom 10. März 2009 (Az.: XI ZR 33/08) ist diese Formulierung fehlerhaft, weshalb Darlehensverträge widerrufen werden können.

Häufig stellen sich Banken nun auf den Standpunkt, die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kreditnehmer sei rechtsmissbräuchlich beziehungsweise das Widerrufsrecht sei bereits verwirkt. Bundesweit folge die ganz überwiegende Rechtsprechung dieser Ansicht jedoch nicht, stattdessen sieht sie den Darlehenswiderruf als wirksam an, so die Kanzlei. Entsprechend sahen es das OLG Stuttgart (29. Mai 2015, Az.: 6 U 110/14), das OLG Karlsruhe (13. Oktober 2015, Az.: 17 U 42/15), das OLG München (21. Mai 2015, Az.: 17 U 334/15), das OLG Nürnberg (11. November 2015, Az.: 14 U 2439/14), das OLG Frankfurt/Main (26. August 2015, Az.: 17 U 202/14), das Kammergericht (KG) Berlin (22. Dezember 2014, Az.: 24 U 169/13) sowie das Brandenburgische OLG (23. Dezember 2015, Az.: 4 U 146/14).

Deutsche Kreditbank
Nach Erkenntnissen der Anwaltskanzlei Trewius sind gegen die DKB in den vergangenen Jahren "unzählige Urteile" von diversen Gerichten in Deutschland wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen in Immobilien-Darlehensverträgen ergangen. Betroffen sind offenbar alle Darlehensverträge, die im Zeitraum von 2002 bis 2008 abgeschlossen wurden. Auch das als Berufungsgericht zuständige Kammergericht (KG) Berlin hat die DKB bereits verurteilt (22. Dezember 2014, Az.: 24 U 169/13).

DSL Bank
Vor dem für den Sitz der Bank zuständigen LG Bonn wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Verfahren wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen geführt. Allerdings gibt es bislang nur wenige Entscheidungen. Dies ist nach Meinung der Anwälte wohl darauf zurückzuführen, dass die Bank versucht, durch attraktive Vergleichsangebote gerichtliche Urteile abzuwenden. Zugleich ist bekannt, dass das LG Bonn sämtliche Darlehensverträge mit der Formulierung "Die Frist beginnt frühestens …" als widerrufbar ansieht (Urteil vom 09. November2015, Az.: 17 02 106/15). Wichtig: Auch Verträge, die die genannte Formulierung nicht enthalten, können möglicherweise widerrufen werden.

ING-DiBa
Zuständig für die Bank ist das LG Frankfurt/Main. Dort wurden in den vergangenen Jahren ebenfalls zahlreiche Verfahren wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung geführt. Auch hier gibt es bis dato vergleichsweise wenige Urteile. Grund sei einmal mehr, dass die Bank durch Vergleichsangebote gerichtliche Entscheidungen vermeiden möchte. Eindeutig sei, dass zumindest Widerrufsbelehrungen mit der Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit dem Tag des Eingangs des unterschriebenen Darlehensvertrags bei der ING-DiBa AG" fehlerhaft sind. So das LG Frankfurt/Main am 26. Oktober 2015 unter dem Aktenzeichen 2-27 O 173/15. (jb)