Indexpolicen stehen derzeit hoch im Kurs, sowohl bei Anbietern als auch bei einigen Vermittlern. Auf den ersten Blick haben die neuen Produkte durchaus Charme, denn sie versprechen die Chance auf Kursgewinne an der Börse bei gleichzeitiger Kapitalgarantie – ein Kunststück, das in Zeiten enorm niedriger Zinsen eigentlich kaum zu meistern ist. Der Assekuranz gelingt es trotzdem, allerdings mit einigen Pirouetten, bei denen einem schwindlig werden kann.

Der Markt für Indexpolicen wächst rasant. Die Allianz machte 2007 den Anfang, inzwischen bieten 15 Versicherer entsprechende Produkte an. Allein zehn davon lancierten ihre Angebote seit 2014, was zeigt, wie sehr dieses Segment gerade an Fahrt gewinnt. Auch wenn sich die Policen im Detail stark unterscheiden, die Grundsystematik ist die gleiche.

Kunden entscheiden sich einmal im Jahr, ob sie in den kommenden zwölf Monaten die Überschussbeteiligung erhalten möchten oder dieses Geld lieber an der Börse investieren. Das geschieht über Derivate, die einen oder mehrere Indizes abbilden. Dabei zählt in aller Regel nicht die Wertentwicklung über das gesamte Jahr. Stattdessen werden die monatlichen Erträge aufaddiert.

Viele Anbieter deckeln die Monatsentwicklung, ein üblicher Wert für diesen sogenannten Cap liegt derzeit bei 3,7 Prozent. Ein positiver Monat fließt also mit höchstens 3,7 Prozent in die Rechnung ein, während ein negativer voll angerechnet wird. Wichtig: Egal, wie die Addition nach zwölf Monaten aussieht: Ein Verlust ist ausgeschlossen – die Beiträge des Kunden sind also garantiert.

Welches Ergebnis dürfen Kunden realistisch erwarten?
Eine andere, weniger verbreitete Variante sieht statt eines Caps eine beschränkte Partizipation an der Indexentwicklung vor. Kunden nehmen dann beispielsweise nur zur Hälfte an der Entwicklung des Euro Stoxx 50 teil. Wie hoch Cap oder Indexpartizipation sind, legt der Versicherer jedes Jahr neu fest, abhängig von seinen Überschüssen und den Konditionen für die Derivate.

Doch welches Ergebnis kann ein Versicherter von einer solchen Police realistisch erwarten? Um das zu ermitteln, hat FONDS professionell eine fiktive Indexpolice auf den Dax mit Cap bei 3,7 Prozent simuliert und nachgerechnet. Die nachfolgende Grafik zeigt, wie sehr die Summen der Dax-Monatsrenditen mitunter von der Jahresentwicklung abweichen – schon das ist eine Herausforderung für das Beratungsgespräch. Deutlich schlimmer ist aber, was der Cap von 3,7 Prozent bewirkt: In drei der zehn vergangenen Kalenderjahre hätte er aus einem Dax-Jahresplus ein Minus gemacht.

2015 beispielsweise legte der Dax auf Jahressicht um 9,6 Prozent zu. Die Summe aller Monatsrenditen lag bei 11,7 Prozent. Weil das Börsenjahr 2015 so volatil war, sich sehr gute und sehr schlechte Monate also rasant abwechselten, hätte sich der Cap von 3,7 Prozent verheerend ausgewirkt: Er drückte die Summe der Monatsrenditen am Schluss auf minus 7,7 Prozent. Ein Kunde, der auf Basis der Dax-Jahresentwicklung für seine Indexpolice wohl mit einer Gutschrift gerechnet hätte, wäre im vergangenen Jahr also leer ausgegangen.

Ist das tatsächlich allen Maklern, die diese Police vermitteln, bewusst? Vermutlich nicht. Und wie viele Privatkunden wissen, worauf sich da eigentlich eingelassen haben? Vermutlich noch weniger.

Nur ein sicherer Gewinner
Hat die Indexpolice also keine Daseinsberechtigung? So hart kann das Urteil nicht ausfallen. Denn schaut man sich an, was in den vergangenen Jahren aus der fiktiven Indexpolice geworden wäre, wenn der Kunde sich jedes Jahr für die Dax-Partizipation entschieden hätte, so sieht das Ergebnis gar nicht so schlecht aus.

Sein Kapital hätte sich seit Anfang 2006 um immerhin 72,5 Prozent gemehrt, weil er sich die beiden Horror-Jahre im Dax, 2008 und 2011, gespart hätte. Der Dax-Investor konnte sein Kapital vor Kosten zwar fast verdoppeln, musste dafür bekanntlich aber hohe Rückschläge in Kauf nehmen (siehe Grafik).

Fazit: Wer Indexpolicen vermittelt, muss viel Zeit in die Beratung investieren, andernfalls sind Enttäuschungen beim Kunden programmiert. Denn die neuen Produkte kennen nur einen sicheren Gewinner, und das sind die Anbieter: Die Indexpolicen helfen ihnen dabei, die nötige Durchschnittsrendite abzusenken, die der Deckungsstock erwirtschaften muss. Das mildert den Schmerz, den die alten Policen mit ihrer hohen Garantieverzinsung verursachen. (bm)


Eine umfassende Analyse inklusive eines detaillierten Marktüberblicks zu den verfügbaren Indexpolicen lesen Sie in der kommenden Heftausgabe von FONDS professionell, die Ende Mai erscheint.