Die Angst vor einer Überhitzung des Immobilienmarktes und einer bedrohlichen Preisblase in Deutschland geht um. Daher hat die Bundesregierung beschlossen, den möglichen Auswirkungen entgegenzuwirken. Sie will der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) per Gesetz mehr Eingriffsmöglichkeiten einräumen, wie FONDS professionell ONLINE berichtete. Doch jetzt warnen Experten vor übertriebenem Aktionismus, schreibt die die Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" in ihrer Dienstagsausgabe.
 
Die geplanten Eingriffe in die Vergabe von Immobilienkrediten seien unnötig, zitiert das "Handelsblatt" die Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Die Schuldenlast der privaten Haushalte in Deutschland sei gering, schreiben die IW-Forscher der Zeitung zufolge in einer aktuellen Studie. Der deutsche Immobilienmarkt sei schließlich einer der stabilsten der Welt.
 
Phantomrisiko Überschuldung
Immobilienbesitzer verfügten im Durchschnitt über ein jährliches Bruttoeinkommen von 46.400 Euro. Der Anteil, der davon für Zins und Tilgung des Immobilienkredits fließe, liege lediglich bei 7.200 Euro. Die eigenen vier Wände würden im Schnitt 180.000 Euro kosten, 110.000 Euro würden dabei über Kredit finanziert. "Hierzulande könnten sogar noch mehr Kredite vergeben werden, ohne dass eine Gefahr entsteht", zitiert das "Handelsblatt" Michael Voigtländer, einen der Verfasser der IW-Studie.
 
Nach den Plänen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) soll die Bafin künftig unter anderem eine Obergrenze festlegen können, die alle Darlehensverpflichtungen eines privaten Schuldners in Relation zu seinem Einkommen setzt. Hinzu kommt eine sogenannte Amortisationsanforderung. Diese definiert, wann ein Kredit vollständig oder zu einem bestimmten Prozentsatz getilgt werden muss. Diese Regelungen sollen eine Überschuldung verhindern und die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten verringern. 
 
Immobilienpreise steigen nicht übermäßig
Ein Einsatz der Instrumente sei jedoch nur gerechtfertigt, wenn der Markt versage und die Immobilienfinanzierung zu einem systemischen Risiko für die Volkswirtschaft werde, so die IW-Ökonomen. Das aber sei in Deutschland nicht gegeben. Die Verschuldung der privaten Haushalte seit dem Jahr 2000 rückläufig, ein übermäßiges Wachstum von Krediten und Immobilienpreisen sei nicht zu beobachten.
 
"Flächendeckende Übertreibungen" sieht auch der Bundesverband der Genossenschaftsbanken BVR nicht. Lediglich die Entwicklung in den großen Städten Berlin, Hamburg und München gebe Anlass zur Sorge, weil hier die Immobilienpreise die Entwicklung der Mieten und Einkommen übertreffe, heißt es in einem akuellen Statement. (am)