Im achten Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise sollte man meinen, dass bei Anlegern eine etwas wirklichkeitsnähere Sicht Einzug hält, was die Rendite ihrer Investments betrifft. Doch weit gefehlt: "Weltweit haben Investoren unrealistische Erwartungen bei der Kapitalanlage", stellt die "Schroders Global Investor Study 2016" fest, an der 20.000 Privatanleger aus 28 Ländern teilnahmen.

Eine bestimmte Personengruppe lässt dabei jedwedes Augenmaß vermissen. Unter Millennials, also Personen ab Geburtsjahr 1980 aufwärts, seien Renditevorstellungen von mindestens zehn Prozent der Normalfall. "Erfahrenere Anleger im Alter von über 36 Jahren geben sich hingegen mit 8,4 Prozent zufrieden", heißt es im Begleittext zur Studie. Im globalen Durchschnitt seien Zielrenditen von 9,1 Prozent mehrheitsfähig.

Immerhin: Deutsche Investoren sind in Bezug auf ihre Ertragserwartungen zurückhaltender als andere. Sie begnügen sich bereits mit einer Rendite von 7,0 Prozent. Annähernd drei Viertel (73 Prozent) der insgesamt 1.000 deutschen Befragten bauen dabei auf einen Wertzuwachs von weniger als zehn Prozent pro Jahr. "Damit beweisen sie einen ausgeprägteren Realitätssinn als der globale Durchschnitt", kommentiert Achim Küssner, Geschäftsführer der Schroder Investment Management GmbH, die Studien-Ergebnisse.

Fataler Trend zu "Fast-food-Investments"
Die Untersuchung ergab zudem, dass weltweite Anleger zu extrem kurzlaufenden Investment-Entscheidungen neigen. Im Schnitt gehen sie von einem Anlagehorizont von etwas über drei Jahren aus. Das aber sei häufig zu kurz, um die natürlichen Wertschwankungen von Aktien ausgleichen zu können.

Weniger als ein Fünftel (18 Prozent) der Anleger wollen ihren Engagements für mindestens fünf Jahre die Treue halten – der realistischen Mindesthaltedauer von Aktien. Knapp ein Drittel (31 Prozent) denken noch kurzfristiger und wollen ihre Anlagen bereits innerhalb eines Jahres wieder abstoßen. "Auch hier traten wiederum die Millennials hervor, deren Anlagehorizont um eineinhalb Jahre unter dem der über 36-Jährigen liegt", sagt Küssner.

Lebe heute, bezahle später
Zu tun haben könnte das damit, dass Millennials ihren unmittelbaren Finanzbedarf im Auge haben, anstatt an langfristige Erträge zu denken. Im Vergleich zu älteren Anlegern wollen sie häufiger ihr laufendes Gehalt ergänzen (46 Prozent der Millennials, 41 Prozent der über 36-Jährigen), Einkommen für ihre Kinder erzielen (30 Prozent gegenüber 19 Prozent), etwas anderes als ein Haus kaufen (28 Prozent gegenüber 16 Prozent) und die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren (26 Prozent gegenüber 16 Prozent). Weniger wichtig für Millennials waren ergänzende Altersvorsorge (35 Prozent gegenüber 52 Prozent) sowie die Wiederanlage von Einkünften und Portfoliowachstum (41 Prozent gegenüber 46 Prozent).

Investmentstrategie Marke Eigenbau
Als Warnruf für Anlageprofis darf die Feststellung verstanden werden, dass der allgemeine Wunsch nach Beratung rückläufig ist. Zwar gab die Hälfte aller Anleger weltweit an, vor der nächsten Investitionsentscheidung einen Berater hinzuziehen zu wollen. Doch immerhin 44 Prozent wollen sich in solchen Situationen lieber selbst informieren.

Wichtigstes Instrument zur Auswahl sind unabhängige Websites, mittels derer sich 48 Prozent der Teilnehmer eine eigene Meinung bilden wollen. Darüber hinaus gab die Hälfte der Investoren an, sie halte es für denkbar, in Zukunft auf elektronische Lösungen zur Anlageberatung – sogenannte Robo Adviser – zu setzen. (ps)