Vier Buchstaben beschäftigt die Versicherungsbranche im Moment: LVRG, das Lebensversicherungsreformgesetz. Vor allem die Frage nach der Art und der künftigen Höhe der Vermittlervergütung sorgt wegen der Herabsetzung des Höchstzillmersatzes auf 25 Promille (weiteres Details dazu lesen Sie hier) in den Büros der Versicherer für Überstunden und bei den Vermittlern für heiße Diskussionen.

Entsprechend waren die künftigen Vergütungsmodelle auch auf der Dortmunder Versicherungsmesse DKM ein Thema, wobei die Besucher dazu ein paar Neuigkeiten erfahren konnten. Matthias Beenken, Professor an der Fachhochschule Dortmund, ist in seinem Messevortrag ebenfalls auf das Gesetz sowie seine Auswirkungen auf die Vermittler eingegangen und hat vor allem mögliche Vergütungsalternativen zu Provisionen kritisch unter die Lupe genommen.

Axa stellt Vergütung erst 2016 um
In den vergangenen Tagen sickerte auf der Dortmunder Messe durch, dass die Allianz ihre Provisionsmodelle 2015 zunächst nicht ändern wird. Eine offizielle Bestätigung wollte das Unternehmen dafür jedoch nicht geben. Anders die Axa: Mitarbeiter des Unternehmens sagten gegenüber FONDS professionell ONLINE, das Unternehmen plane, die Vermittlervergütungen wegen der Komplexität der technischen Umsetzung erst 2016 umzustellen. Viele andere größere Versicherungen äußerten sich noch nicht. Eine häufig geäußerte Vermutung von Messeteilnehmern ist, dass sich die Vergütungsmodelle der Versicherer nach einer Übergangszeit erst ab 2016 oder 2017 wieder angleichen werden.

Als erster Versicherer hatte sich die Stuttgarter Anfang Oktober aus der Deckung gewagt und angekündigt, ab kommendem Jahr die Abschlusscourtage zu senken und dafür die laufende Provision zu erhöhen. Der Versicherer aus der Hauptstadt Baden-Württembergs begründet sein Vorgehen einerseits damit, dass man sich als Vorreiter beim LVRG positionieren möchte. Zudem erfüllen die Änderungen nach eigenen Angaben die Ziele, die Berlin mit dem Gesetz zugunsten der Kunden verfolge: Senkung der Abschlusskosten, damit der Rückkaufswert der Police zu Beginn der Laufzeit nicht zu stark reduziert wird.

Alternativen zur reinen Provisionsvergütung
Beenken stimmte in seinem Vortrag der Stuttgarter zu. Auch er interpretiert die Passagen im LVRG über die Vergütung als Willen der Politik, die Abschlusskosten zu senken. Dabei warnte er die anwesenden Vermittler und Makler in dem übervollen Vortragsraum, dass sie Einkommenseinbußen erleiden werden. Der Experte nannte als mögliche Alternativen zu der aktuellen Provisionsvergütung als erstes reine Honorare und die Vermittlung von Nettopolicen. Hier existiere aber das Problem, dass die Honorare teuer würden, weil die Berater alle ihre Kosten auch auf die Kunden umschlagen müssten.

Ein Mischmodell sei eine Vergütungsvereinbarung. Hier vermittele der Berater zwar auch Nettopolicen, aber anstatt eines einmaligen Honorars werde ein Vertrag über monatliche Raten für den Vermittler abgeschlossen, der mit dem Zustandekommen der Police verknüpft wird (siehe zu diesen Verträgen aber auch ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes, auf das auch Beenken hinwies). Weiterhin seien skalierbare Abschlusscourtagen möglich, die die Höhe der Prämien des Kunden beeinflussen. Hier käme es also auf das Verhandlungsgeschick des Vermittlers an.

"Ein Berufsstand, dem man nicht trauen kann"
Interessant waren die Ausführungen des Versicherungsprofessors über die Gründe, warum die Politik Alternativen zur Provisionsberatung forciert. Denn die Tatsache, dass in Deutschland – immer noch – eine provisionsbasierte Vergütung vorherrsche, hat laut Beenken rein marktwirtschaftliche Gründe: Es gebe einfach ein größeres Angebot an Versicherungen als eine Nachfrage nach solchen Produkten, daher zahlten die Anbieter die Vermittlungskosten. In der deutschen Politik herrsche aber mittlerweile die Auffassung vor, dass die mit Provisionen vergüteten Vermittler ein Berufsstand sei, dem man nicht trauen könne, weil sie erfolgsabhängig und vor allem vom Versicherer bezahlt würden.

Daher möchte man in Berlin mit den Honorarberatern einen Berufsstand schaffen, der im Lager des Kunden stehe. Das Problem sei nur, dass die Definition eines Honorarberaters unklar ist, wie die Diskussionen im Finanzanlagenbereich um den Paragrafen 34h Gewerbeordnung (GewO) zeigten. Vor allem eines sei aber mittlerweile klar geworden: Auch Honorare seien erfolgsabhängig, nur würden die Berater in dem Falle vom Kunden bezahlt. (jb)