Nach Bekanntwerden der Insolvenz der Containergesellschaft Magellan sind nicht nur das Unternehmen, sondern auch deren Vertriebspartner ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Zahlreiche selbsternannte "Anlegerschutzanwälte" haben sich in Stellung gebracht und versprechen den Investoren die Wiederherstellung der heilen Welt. Die Vermittler der Containerinvestments werden wie gewohnt scharf attackiert und als Übeltäter vorverurteilt.

Das verunsichert viele betroffene Vertriebspartner, die schließlich selbst Unterstützung suchen. Was jetzt zu tun ist und wie man sich korrekt verhält, darüber sprach FONDS professionell ONLINE mit den Rechtsanwälten Nikolaus Sochurek von der Kanzlei Peres & Partner und Thomas Elster von der Kanzlei Roller. Sie haben eine Vermittlervereinigung gegründet und empfehlen dringend, gegenüber Kunden ein ruhiges und besonnenes Auftreten an den Tag zu legen 

Herr Elster, Herr Sochurek, es heißt, dass die Investoren von Magellan verunsichert sind. Gilt das nicht auch für die Vermittler?

Thomas Elster: Absolut. Die Vermittler wurden von der Entwicklung überrascht und sehen sich jetzt pauschalen Vorwürfen ausgesetzt. Problematisch ist, dass eine Maschinerie in Gang gesetzt wird, die Vermittler unbesehen als Anspruchsgegner definiert. Das belastet das Vertrauensverhältnis zu den Kunden.
Nikolaus Sochurek: Vermittler sind einem extremen emotionalen Druck ausgesetzt, der durch undifferenzierte mediale Äußerungen noch verstärkt wird. Beispielsweise ist zu lesen, dass sie "grob fahrlässig" gehandelt hätten, was in dieser Pauschaliertheit schlicht eine Frechheit ist und obendrein falsch!

Es scheint so, als seien viele Vermittler auch deshalb kalt erwischt worden, weil Magellan unter anderem mit einer exzellenten Performance  – zum Beispiel einer 100-prozentigen Planerfüllung – geworben hatte. Wie sehen Sie das?

Elster: Das meine ich schon, zumal die Umstände, die tatsächlich zu der Situation geführt haben, erst noch aufgeklärt werden müssen.
Sochurek: Wie in vielen anderen von mir begleiteten Fällen sind die Vermittler genauso Opfer wie die Anleger.

Sie empfehlen, dass sich die Vermittler zurückhaltend gegenüber Anlegern verhalten sollen. Ist das für die Kundenbeziehung nicht kontraproduktiv – vor allem auch deshalb, weil viele Anleger erhöhten Gesprächsbedarf haben?

Sochurek: Nein. Als Grunddevise gilt immer: Keine Vogel-Strauß Taktik! Es ist schon wichtig, gegenüber den Kunden die Kommunikation aufrecht zu erhalten und den Kontakt zu pflegen. Aber natürlich keinesfalls irgendwelche Eingeständnisse machen oder Unterlagen herausgeben, die später gegen den Vermittler verwendet werden könnte. Wir unterstützen unsere Mandanten in der Präventivberatung in der Kommunikation mit schwierigen Kunden.
Elster: Zurückhaltung ist deshalb angebracht, weil der Kunde von heute der Anspruchsgegner von morgen werden kann.

Wie ist das zu verstehen?

Elster: Wir stehen vor der traurigen Entwicklung, dass Aussagen, die Vermittler gegenüber Kunden mit Gesprächsbedarf tätigen, später in Anspruchsschreiben von Anlegerkanzleien häufig entstellt und aus dem Kontext gerissen werden. In jedem Fall sollte man sich bei Positionierungen zurückhalten und sich aus der Gerüchteküche fernhalten. Es ist derzeit schon enorm, welche Finten zur Sache in die Welt gesetzt werden, da sollte ein Vermittler nicht mitmachen.

Anlegeranwälte buhlen mit harten Vorwürfen um Mandanten. Die Vermittler hätten mit viel zu hohen Renditen geworben, falsch beraten und jedenfalls nicht auf das Totalverlustrisiko hingewiesen. Wie sehen Sie das?

Elster: Da werden Vorwürfe, die immer erhoben werden, unbesehen wieder hervorgebracht. Eine Feststellung, dass seriell falsch beraten wurde, kann ich keinesfalls bestätigen. Mir leuchtet auch nicht ein, weshalb das Totalverlustrisiko bestehen soll, wenn ich einen Container besitze. Das Argument zur Hinweispflicht auf ein Totalverlustrisiko wird immer bemüht und hat sich in der Rechtsprechung zu etlichen Produkten – beispielsweise bei Immobilienfonds – nicht durchgesetzt. So erwarte ich das auch hier.
Sochurek: Es ist erstaunlich, mit welchem Detailreichtum die Anlegerschützer aus den einzelnen Beratungen zu berichten wissen. Es scheint, als wären sie in vielen Beratungen persönlich dabei gewesen. Um es klar zu stellen: Es geht um den Einzelfall. Den kann schon per se niemand vorab kennen.

Wie bewerten Sie die Verkaufsunterlagen und das Informationsmaterial von Magellan? Konnten sich die Vermittler darauf verlassen?

Sochurek: Aus unserer Sicht sind die Unterlagen einwandfrei. Wir konnten noch keinen Gesichtspunkt identifizieren, der zu einer späteren Haftung der Vermittler führen würde.
Elster: Die Unterlagen umfassen die entscheidungserheblichen Angaben, damit konnte gut gearbeitet werden. Wir befinden uns hier im nicht-regulierten Bereich, aber es finden sich ausreichende Risikoaussagen.

Müssen Vermittler und Berater von Direktinvestments Verkaufsunterlagen genauso prüfen wie bei regulierten Finanzprodukten, also bei AIF oder bei Vermögensanlagen?

Elster: Die Fragen sind in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Wir sind der Meinung, dass regulierte und nicht regulierte Produkte nun einmal unterschiedlichen Regimen unterliegen und damit auch die Pflichtenkreise unterschiedlich sind.
Sochurek: Ich sehe das ähnlich. Obwohl es sich bei den aufsichtsrechtlichen Regulierungen und den zivilrechtlichen Beratungspflichten um unterschiedliche Dinge handelt, kann die geringere Regulationsdichte im Aufsichtsrecht bei den Beratungspflichten nicht unberücksichtigt bleiben.

Bestanden für die Vermittler Nachforschungspflichten?

Elster: Wenn Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit von Darstellungen aufkommen, sind Nachforschungen erforderlich. Ein klassischer Rückschaufehler der Anleger und ihrer Anwälte liegt jedoch darin, in Kenntnis der späteren Entwicklung darauf zu schließen, dass eine solche Entwicklung schon zum Zeitpunkt der Beratung erkennbar gewesen sei.
Sochurek: Im Jahr 2006 wäre niemand auf die Idee gekommen, dass eine epochale Finanzkrise vor der Tür steht. Retrospektiv zu behaupten, dass man dies schon vorab hätte erkennen müssen, wäre absurd und offensichtlich falsch.

Gibt es bei Direktinvestments andere Aufklärungspflichten gegenüber den Anlegern als bei regulierten Produkten?

Elster: Wie gesagt, da gibt es Unterschiede. Zusätzliche Aufklärungspflichten ergeben sich unseres Erachtens aber nicht. (ae)