Die Insolvenz des Containermanagers Magellan ist ein Schock für tausende Anleger und hunderte Finanzdienstleister. Da das Containerleasinggeschäft als relativ krisenbeständig und damit als vergleichsweise stabil gilt, wurden betroffene Investoren auf dem falschen Fuß erwischt. Nun geraten sie zunehmend ins Visier von Anlegeranwälten, die mit irreführenden Behauptungen und fragwürdigen Argumenten um Mandate buhlen. Dafür schieben viele Kanzleien so genannte "Interessensgemeinschaften" vor.

Fest steht: Know-how aus dem Leasingbusiness kann kein Anwalt vorweisen, es sei denn, er zieht einen ausgewiesenen externen Marktteilnehmer zu Rate. Ein beliebtes Angriffsziel der "Anlegerschützer" sind die Berater und Vermittler, die sich aber nicht ins Boxhorn jagen lassen sollten.

FONDS professionell ONLINE gibt in einer dreiteiligen Mini-Serie Antworten und Einschätzungen zu den Werbeaussendungen diverser Anlegeranwälte, die derzeit kursieren. Nachfolgend geben wir einen Überblick über vermeintlich falsche Angaben in den Magellan-Prospekten und den Behauptungen, dass sich hieraus Ansprüche von Anlegern wegen möglicher Falschberatung ergeben könnten:

Was behauptet wird: "Die Vermittler halten aktuell die Füße still und schließen sich zu Vereinigungen zusammen um sich zu positionieren! Auf eine anlagegerechte und anlegergerechte Beratung, zu der sie verpflichtet waren, gibt es wenig Hinweise. Die Vermittler – größtenteils freie Agenturen oder Einzelberater – haben grob fahrlässig gehandelt und hätten zumindest auf das nun drohende Totalausfallrisiko hinweisen müssen."

Was richtig ist:  Bereits wenige Tage nach dem Insolvenzantrag haben Anlegerschutzanwälte die Behauptung aufgestellt, dass der Vertrieb seinen Job nicht ordentlich gemacht habe. Vermittler, Berater und Vertriebspools werden in einem Atemzug genannt und scharf attackiert. Dass "die Vermittler" die Investoren nicht aufgeklärt haben, ist in den meisten Fällen Spekulation, da die Juristen bei den Gesprächen der Vermittler und Berater mit ihren Kunden nicht dabei waren. Magellan hat schriftlich auf die Risiken bei den Mietzahlungen und bei der Wechselkursentwicklung, nicht aber auf das theoretische Totalverlustrisiko hingewiesen.


Was behauptet wird: "Am Ende einer Laufzeit von beispielhaft fünf Jahren wurde ein Rückkauf zu attraktiven Preisen zugesagt, wobei die versprochene Gesamtrendite sich im zweistelligen Prozentbereich bewegen sollte."

Was richtig ist:  Magellan hat keine "zweistellige Gesamtrendite versprochen". Dazu nur drei Beispiele: Bei den Direktinvestments "05001" aus dem Jahr 2013, "05001" aus 2014 und "02001" aus 2015 lagen die kalkulierten Renditen bei einer 30-prozentigen Steuerbelastung zwischen 5,46 und 4,57 Prozent nach Steuern. Der prognostizierte jährliche Mittelrückfluss vor Steuern betrug auf Basis der garantierten Miete in den genannten Beispielen zwischen 12,98 und 11,85 Prozent.


Was behauptet wird: "Versprochen wurde den Anlegern, dass die Container an Reedereien zu einer Mindestmiete vermietet werden und diese Mieten den Käufern der Container zur Verfügung stehen als Rendite."

Was richtig ist: Magellan hat Anlegern "nur" garantiert, dass die Container nach "international gültigen und anerkannten Handelsbräuchen" schon vermietet sind, wenn sie von Investoren gekauft werden. Die Verträge zwischen Magellan und den Anlegern sehen eine mit den Reedereien "zu vereinbarende Jahresmiete" vor. Unabhängig von dieser tatsächlichen Endnutzer-Miete garantierte Magellan eine Festmiete, die Magellan an die Anleger auszahlen muss. Als Rendite wurde die Jahresmiete in den Magellan-Unterlagen nicht bezeichnet.


Was behauptet wird: "Der vorhandene Prospekt war nicht mehr als eine Werbebroschüre. Die hier aufgezeigten Renditemöglichkeiten sind weit von marktüblichen Gewinnerwartungen entfernt – nur so konnte man eine so große Anzahl von Anlegern überzeugen. Wir haben erhebliche Zweifel an der Plausibilität des Prospektes!"

Was richtig ist: Für Direktinvestments besteht, sofern sie mit einem Rückkaufsrecht des Anbieters zugunsten des Anlegers ausgestattet sind, erst seit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes eine Prospektpflicht. Die Verkaufsunterlagen – im Übrigen aller Direktinvestment-Anbieter – waren daher bis Herbst 2015 nicht reglementiert, vom Umfang her überschaubar und weder formal noch inhaltlich geprüft. Vertriebspartner der Anbieter haben teilweise mit ergänzendem Informationsmaterial gearbeitet.


Was behauptet wird: "Vorliegend gibt es auch Indizien für die Fehlerhaftigkeit der verwendeten Emissionsprospekte. Denn in den Prospekten wurde mit Renditen kalkuliert, die nach Einschätzung von Rechtsanwälten deutlich über dem Marktdurchschnitt lagen. Es bestehen somit Zweifel, ob die Prospekte hinreichend plausibel waren.“

Was richtig ist: Für Container-Direktinvestments mussten bis zum Herbst 2015 keine Emissionsprospekte erstellt werden. Abgesehen davon haben die Anbieter der Direktinvestments mehr oder weniger exakt mit den marktüblichen Mieterträgen gerechnet. Bei den fabriksneuen 20-Fuß-Standardcontainern betrug der Mietertrag in der langfristigen Vermietung von 2012 bis 2015 mit einer zuletzt deutlich fallenden Tendenz weltweit durchschnittlich 11,17 bis 8,76 Prozent. Bei den gebrauchten Containern verlief die Entwicklung umgekehrt: Die Mieterträge stiegen im selben Zeitraum von 13,82 auf 18,76 Prozent.  (ae)


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