Aktien kleiner und mittelgroßer Unternehmen bei der Anlageplanung komplett auszusparen, grenzt für Diane Bruno fast schon an Fahrlässigkeit. Beim Sparen bewusst auf Nebenwerte zu setzen, ergibt für die Französin hingegen viel Sinn. Und das meint sie nicht nur "von Berufs wegen".

Schließlich managt Bruno mit ihren Kolleginnen Marie-Jeanne Missoffe und Marie Guigou bei der Fondsboutique Mandarine Gestion eben ein solches Nebenwerte-Portefeuille – eines der erfolgreichsten am Markt. Mit einem jährlichen Wertzuwachs von 14,4 Prozent (Stand: 15. Januar 2016) seit seiner Auflegung im März 2010 schlug der Mandarine Gestion Unique-Fonds seinen Referenzindex Stoxx Europe Small 200, der zeitgleich nur um 8,8 Prozent per annum zulegte, deutlich – weswegen das Damentrio in der jüngsten Vergangenheit mehrfach von renommierten Branchenbeobachtern ausgezeichnet wurde. Bei Morningstar erreicht der Nebenwerte-Fonds die Bestnote von fünf Sternen.

Kleinunternehmen kämpfen gegen Klischees
Diane Bruno räumt gleich zu Beginn ihres Referats auf dem FONDS professionell KONGRESS in Mannheim mit den hartnäckigsten Nebenwerte-Vorurteilen auf, die in den Köpfen zahlreicher Anleger herumspuken. Zum Beispiel, dass niedriger kapitalisierten Aktien größere Risiken anhaften als den Anteilscheinen globaler Konzerne. "Stimmt nicht", sagt sie, und legt zum Beweis eine Folie auf, die zeigt, dass die Volatilität von Aktien im Nebenwerte-Index Stoxx Europe Small 200 mit jener im Blue-Chip-Barometer Stoxx 50 im wesentlichen identisch ist. "Eigentlich ist es – Krisen wie 1998 und 2008 ausgenommen – anders herum: Nebenwerte sind weniger schwankungsanfällig als Standardwerte", sagt Bruno.

Stromlinienförmige Geschäftsmodelle
Dafür hapert es mit der Transparenz, oder? "Auch das ist ein Irrtum", kontert sie. "Kleine und mittelständische Unternehmen sind nicht weniger transparent als Großkonzerne. Im Gegenteil: Für mich ist es schwieriger, einen Konzern mit all seinen Sparten in Gänze zu verstehen."

Bei kleineren Firmen, die sich häufig in Nischen bewegen oder nicht viel mehr als ein Produkt im Sortiment haben, sei das Geschäftsmodell stromlinienförmig und Ertragsquellen daher einfacher aufzuspüren. Auch die direkte Kommunikation mit dem Top-Management falle leichter. Rasch bekomme man bei Rückfragen einen Gesprächstermin mit dem Leiter für das operative Geschäft oder dem Finanzvorstand.

Bewertungsnachteile kein Performance-Hindernis
Aber sind Small- und Mid-Caps nicht um einiges teurer? "Das stimmt schon eher", räumt Bruno ein. Aber, fügt sie hinzu, dies sei im Grunde seit Jahren so und angesichts der überdurchschnittlichen Wachstumsperpektiven der "kleinen Könner" durchaus gerechtfertigt.

Im Übrigen habe der durchschnittliche Bewertungsaufschlag von 15 Prozent, den Nebenwerte gegenüber Blue-Chips aufweisen, die Mid-Caps in der Vergangenheit nicht daran gehindert, deutlich besser abzuschneiden. "Nebenwerte konnten eine langfristige Outperformance gegenüber Large Caps erzielen. Der Stoxx-Europe-Small-200-Index hat den Stoxx Europe 600 seit dem Jahr 2000 um Längen geschlagen. Insbesondere in Wachstumsperioden oder in Phasen wirtschaftlichen Aufschwungs überzeugen Unternehmen mit niedrigerem Börsenwert."

Mehrstufiger Ausleseprozess
Bevor es ans Investieren geht, müssen Aktien-Aspiranten bei Mandarine Gestion einen mehrstufigen Ausleseprozess meistern. Der führt dazu, dass die Zusammensetzung des Fonds recht deutlich von der Benchmark abweicht. Der sogenannte "Active Share" – also jener Anteil des Portfolios, der nicht dem Vergleichsindex entspricht – liegt beim Mandarine Gestion Unique bei 86 Prozent. 

Bruno und ihre Kolleginnen stecken die ihnen anvertrauten Assets von aktuell knapp 810 Millionen Euro nur in Geschäftsmodelle, die eines von vier Kriterien erfüllen: einen Marktanteil von mindestens 25 Prozent, keine börsennotierte Konkurrenz in Europa, eine markterschließende Technologieführerschaft oder eine besondere geografische Ausrichtung. "So grenzen wir das zur Verfügung stehende Investmentuniversum auf rund 350 Positionen ein. Daraus wählen wir jene Werte aus, von denen wir hinsichtlich einzelner Growth-Kriterien am stärksten überzeugt sind, und zwar alle drei".

Denn nur im Team getroffene Entscheidungen sind gute Entscheidungen, ist die Fondsmanagerin überzeugt. Einzel- oder Draufgängertum ist für Bruno und ihre Kolleginnen verpönt – und eine Disziplin, die sie ihren weniger erfolgreichen männlichen Herausforderern bei anderen Fondshäusern überlassen. (ps)


Im Video-Interview mit FONDS professionell-Herausgeber Hans Heuser erklärt Fondsmanagerin Diane Bruno, weshalb der verhagelte Jahresauftakt 2016 all jenen einen guten Einstiegszeitpunkt verschafft, die bislang noch nicht übermäßig stark in Nebenwerte investiert sind, und in welchen Branchen sie derzeit besonders viele einzigartige Geschäftmodelle ausfindig macht.