Die Frage, ob Banken und Finanzdienstleister künftig womöglich auf einen Teil ihrer Provisionen Umsatzsteuer entrichten müssen, hat eine Debatte unter Juristen und Steuerfachleuten angefacht. Hintergrund ist die Umsetzung der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II, die im Januar 2018 in Kraft treten wird.

Bislang gilt eine Bestandsprovision, die ein Fondsanbieter an seine Vertriebspartner auszahlt, als nachgelagerte Vermittlungsprovision. Weil die Vermittlung von Finanzprodukten von der Umsatzsteuer befreit ist, fällt derzeit weder auf Abschluss- noch auf Bestandsprovisionen Umsatzsteuer an. Christian Waigel, Partner der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte aus München, hatte gegenüber FONDS professionell ONLINE jedoch argumentiert, dass sich das ändern könnte: Unter Mifid II werde es kaum noch gelingen, eine Bestandscourtage als nachgelagerte Vermittlungsprovision zu betrachten. "Die Branche muss sich daher darauf einstellen, künftig auf einen Teil der Provisionen Umsatzsteuer zu zahlen", so Waigel Anfang Juli (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Handlungsbedarf nur "aufsichtsrechtlicher Natur"
Andere Experten widersprechen dieser Auffassung. Mifid II erhöhe zwar die Anforderung an die Institute, wenn es um den Nachweis gehe, dass Zuwendungen tatsächlich die Wertpapierdienstleistung verbessern. "Hier gibt es tatsächlich Handlungsbedarf", so Oliver Korn, Geschäftsführer der GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft in Berlin. "Doch der ist aufsichtsrechtlicher Natur."

Diese Änderung wirke sich nicht auf die Umsatzsteuerpflicht aus, ist Steuerberater Daniel Ziska von der GPC Tax Unternehmerberatung überzeugt. Mifid II selber bringe also keine steuerliche Änderung mit sich. "Wir beraten Institute fortlaufend zu solchen Fragen. Die umsatzsteuerliche Problemstellung vor und nach Mifid II ist letztlich dieselbe: Provisionen, gleich ob Abschluss- oder Bestandsprovisionen, sind im Rahmen der Anlagevermittlung umsatzsteuerfrei. Wird die Vergütung für eine andere Dienstleistung, die nicht umsatzsteuerprivilegiert ist, gezahlt, so fällt dafür Umsatzsteuer an. Das ist überhaupt nichts Neues", so Ziska.

"Einiger Schweiß der Edlen zu vergießen"
Dem Steuerberater zufolge besteht jedoch die Gefahr, dass Institute für die Finanzaufsicht Extra-Dienstleistungen zu dokumentieren versuchen, um die geforderte Qualitätsverbesserung nachzuweisen. "Allerdings geht es darum, dass nur die Dienstleistung, also zum Beispiel die Anlagevermittlung, selber verbessert wird und nicht eine neue Dienstleistung daneben stehen muss. Bestandsprovisionen als gestreckte Abschlussprovisionen bleiben aber umsatzsteuerfrei, wenn sie sich nach wie vor auf die qualitativ bessere Vermittlung beziehen", so Ziska.

Waigel dagegen bleibt seiner Argumentation treu. Die EU-Kommission verlange mit ihrem delegierten Rechtsakt einen zusätzlichen oder höherrangigen Service zur Rechtfertigung von Provisionen. "Deswegen muss auch irgendein Service oder eine Dienstleistung gefunden werden, der die Provisionen rechtfertigt", so Waigel gegenüber FONDS professionell ONLINE. "Aus meiner Sicht ist einiger Schweiß der Edlen zu vergießen, um zu argumentieren, dass dieser zusätzliche oder höhere Service immer noch mit der ehemaligen Vermittlung zu tun hat." (bm)