Das Provisionsabgabeverbot kippt zum Jahreswechsel. Zwar ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und rein theoretisch könnte das Rabattverbot später wieder eingeführt werden. In der Praxis scheint das jedoch unwahrscheinlich, schon weil sich die Gerichte zuletzt eindeutig gegen das Verbot ausgesprochen hatten. Im Oktober hatte zum Beispiel das Kölner Amtsgericht entschieden, dass die Social-Trading-Plattform Moneymeets Provisionen durchleiten darf.

FONDS professionell ONLINE sprach mit Moneymeets-Geschäftsführer Johannes Cremer über den aktuellen Stand des Verfahrens, das Geschäftsmodell seines Fintech-Unternehmens und die Frage, was die Abschaffung des Verbotes für den Gesamtmarkt bedeutet.
 
Herr Cremer, gibt es Neues aus Berlin zum Provisionsabgabeverbot?

Johannes Cremer: Nein, Stand der Dinge heute ist weiterhin, dass das Verbot ab kommendem Jahr zunächst nicht mehr existiert. Die endgültige Entscheidung soll dann bei der Umsetzung der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD getroffen werden. Allerdings hat die Finanzaufsicht Bafin schon unmissverständlich erklärt, dass das Rabattverbot keine Geltung mehr hat. Daher ist es schwer vorstellbar, dass das Finanzministerium es wieder einführen wird.

Damit wäre die Berufung, die Ihre Prozessgegner gegen den Entscheid des Kölner Amtsgerichtes eingelegt hatten, aber überflüssig gewesen.

Cremer: Grundsätzlich haben Sie Recht. Das Kölner Gericht hat sich in seiner Erklärung rein auf das bekannte Urteil des Frankfurter Verwaltungsgerichts vom Herbst 2011 bezogen, bei der das Provisionsabgabeverbot als unzeitgemäß gekippt wurde. Im Falle der Revision ist die Lage aber nicht so einfach. Die Frage ist tatsächlich, ob es zu einem Fortgang des Verfahrens kommt, weil sich zwischenzeitlich die Gesetzeslage geändert hat.

Wenn damit die Tore für Ihr Rabattmodell auch gesetzlich geöffnet sind, stellt sich die Frage, wie nachhaltig ein solches Geschäftsmodell ist. Kritiker führen an, dass Makler es sich nicht leisten können, auf Teile ihrer Vergütung zu verzichten.

Cremer: Für den klassischen, persönlichen Vertrieb stellt sich tatsächlich die Frage, wie viel Service man leisten kann, wenn man Kunden Rabatte gewährt. Es ist ja bekannt, dass die Provisionsvergütungen bei Maklern auf einem Mischmodell basieren. Die hohen Vergütungen aus Lebens- und Krankenpolicen finanzieren die niedrigen Provisionen aus dem Sachbereich mit. Wenn man also weniger Geld aus Lebensversicherungen einnimmt, wird es schwierig. Die einzige Möglichkeit dem entgegenzuwirken ist aus meiner Sicht, sein Serviceangebot zu differenzieren und maßgeschneiderte Beratung für einige Themen anzubieten, für die man auch eine entsprechende Vergütung verlangen kann.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

Cremer: Unser Ziel ist es, den Kunden bei der Optimierung seiner bestehenden Finanz- und Versicherungsprodukte zu unterstützen. Daher bieten wir Kunden zunächst die technische Möglichkeit, seine Policen, Depots und Bankprodukte zu uns zu übertragen beziehungsweise die Informationen dazu zu integrieren. Wir schaffen also eine Übersicht über alle vom Kunden genutzten Produkte und geben ihm die Tools an die Hand, mit denen er seine Produkte an seinen Zielen orientiert optimieren und umsetzen kann. Unsere Kunden sollten daher möglichst umfangreich ihre Versicherungen, Investments und Bankprodukte aggregieren, für die wir Services anbieten können.

Wie verdienen Sie und ihre Investoren daran?

Cremer: Bei Versicherungen sind natürlich Lebenspolicen für uns am interessantesten, wenn man rein die Höhe der Bestandsprovisionen betrachtet, über die wie uns finanzieren. Darauf kommt es uns aber nicht an – vielmehr von Interesse ist die Intensität der Nutzung der Services Aggregation und Optimierung für uns. Skaleneffekte bei der Bestandsbetreuung machen unser Geschäftsmodell für unsere Investoren interessant.

Ein Kritikpunkt an der Weitergabe von Provisionen ist, dass der Makler bei einem Vertragsstorno Teile des Rabattes wieder zurückfordern müsste. Wie handhaben Sie das Problem?

Cremer: Ganz einfach. Wir zahlen die Provisionen abhängig vom Stornorisiko aus. Je jünger die Police ist, desto weniger erhalten die Kunden in Summe anteilig zurück. Erst am Schluss der Stornofrist hat er seinen Rabatt vollständig erhalten.

Welche Auswirkungen hat das Ende des Abgabeverbotes auf die Branche?

Cremer: Die Aufhebung des Verbotes wird sicher den Trend zu digitalen Geschäftsmodellen in der Maklerschaft beschleunigen, einfach weil sie eine effizientere Verwaltung von möglichst großen Beständen ermöglichen. Nur so können überhaupt Rabatte gewährt werden. Das könnte weiterhin dazu führen, dass nicht beratungsintensive Policen mit geringen Provisionen, beispielsweise Kfz-Versicherungen, so gut wie gar nicht mehr "offline" abgeschlossen werden können, sondern nur noch online. Daher werden die Maklerpools ihre Partner digital weiter aufrüsten. Ich gehe auch davon aus, dass ausländische Versicherer verstärkt über Online-Vertriebskanäle versuchen werden, ihre Produkte hierzulande anzubieten.

Sehen Sie einen Preiskampf unter den Vermittlern beziehungsweise Fintechs?

Cremer: Nein. Es wird eine vergleichbare Entwicklung wie in den 1990er Jahren bei den Direktbanken beziehungsweise Fondsdiscountern geben. Bestimmte Kunden, die ihre Finanz- und Versicherungsgeschäfte selbst und möglichst günstig erledigen möchten, werden verstärkt Anbieter nutzen, die Rabatte gewähren. Auf der anderen Seite gibt es Produkte wie Berufsunfähigkeits- oder komplexe Fondspolicen, die beratungsintensiv sind und für die sich Makler gut positionieren können. Es wird also einen Mix aus Fintechs, Direktversicherern und klassischem Vertrieb geben.

Wir danken für das Gespräch. (jb)