Die Briten wollen 'raus aus der EU. Heimische Fondsgesellschaften im Londoner Finanzviertel müssen daher nun klären, wie sie sich künftig aufstellen können beziehungsweise müssen, um weiterhin Fonds in der EU an den Anleger zu bringen. Gleiches gilt natürlich auch für deutsche Anbieter, die in London eine Geschäftsbasis haben.

Die Asset Manager geben sich zwar sehr verschlossen über ihre konkreten Notfall-Pläne, die alle Gesellschaften in den Schubladen liegen haben, wie die englische "Investment Week" berichtet. Von einer Panik kann aber keine Rede sein, wie eine Blitzumfrage von FONDS professionell ONLINE unter einigen Asset Manager unterstützt. Die Stimmung ist eher: Abwarten und Tee trinken.

Dies bestätigt auch eine Umfrage, die das Analysehaus Cerulli vor dem Referendum durchführte: 46 Prozent der Asset Managers meinten, dass der EU-Austritt Großbritanniens keine Auswirkungen auf die Geschäfte britischer Anbieter in Europa haben werde. Die übrigen Gesellschaften gingen davon aus, einige Hürden überwinden zu müssen. Dies sei aber schnell getan.

Kein EU-Pass mehr
Der Knackpunkt ist, dass britische UCITS-Fonds, die via EU-Pass letztlich automatisch in der EU angeboten werden können, diesen verlieren und damit keine Vertriebserlaubnis mehr in Europa haben werden, so "Investment Week" und Cerulli. Großbritannien wird damit also den Status eines Drittlandes erhalten, wie beispielsweise die USA. Damit würde das Genehmigungsverfahren für den Vertrieb eines Publikumsfonds von der Finanzaufsicht Bafin geführt und damit deutlich komplexer werden als mit dem "Pass". Dieses Szenario ist für die britische Fondsbranche natürlich ein großes Problem, wie Guy Sears, Interims-Chef des Fondsverbandes Investment Association, bereits vor einigen Monaten warnte. "Unser Recht, Fonds grenzübergreifend zu vermarkten, hängt von der EU ab", bemerkte Sears. Ebenso können deutsche Anbieter ihre Fonds auch nicht mehr via EU-Pass im Vereinigten Königreich anbieten, auch hier dürfte das Verfahren komplexer werden.

Klar ist damit, dass kleinere britische Anbieter ohne eine Luxemburger oder irische Plattform vor massiveren Herausforderungen stehen als größere Gesellschaften mit einer solchen Einheit. Nach Meinung von Experten ist dies nämlich der gangbarste Weg: Die offizielle Kapitalverwaltungsgesellschaft sitzt in Europa, während das eigentliche Fondsmanagement weiterhin in Großbritannien abläuft, wie die Analysten von Cerulli schreiben.

Luxemburg und Irland als Fonds-Stützpunkte
Entsprechend betonte ein Sprecher von Threadneedle Columbia gegenüber der Redaktion, dass die Auswirkungen des Brexit auf die Geschäfte des Anbieters "relativ gering" sein werden. "Wir haben eine Luxemburger Plattform und Verkaufsbüros in Europa, von denen aus wir unsere Kunden weiter bedienen werden."

Vergleichsweise konkret wurde der Anbieter M&G, der auch offen zugab, Notfallpläne in der Schublade zu haben. "Der Ausbau unserer in Irland aufgelegten Fondsreihen wurde im vergangenen Jahr bereits verstärkt und ist unserer Hauptoption, um Probleme und Nachteile für unsere europäischen Kunden zu minimieren", teilte eine Sprecherin von M&G mit. Ähnlich äußerte sich auch Aberdeen.

Zwei Jahre Zeit
In allen Statements und Analysen wird überdies betont, dass zunächst einmal eine Übergangszeit von zwei Jahren gilt. "Wir müssen heute und morgen keine Entscheidungen treffen, wir haben Zeit”, kommentierte stellvertretend James Young, Head of European Sales der britischen Fondsboutique Artemis, die nicht über eine europäische Plattform verfügt. Young bestätigte zudem die grundsätzliche EU-Strategie der Branche: Auch Artemis kann sich vorstellen, eine Plattform in Europa zu gründen und darüber Fonds in Europa zu vertreiben.

Deutsche Anbieter mit Geschäft im Vereinigten Königreich haben sich gegenüber FONDS professionell ONLINE sehr bedeckt gegeben. Allianz Global Investors teilte lediglich mit, dass Großbritannien weiterhin ein strategisch wichtiger Markt bleibe. Ein Sprecher der Deutschen AM bemerkte lediglich, dass es viel zu früh für irgendwelche Aussagen sei.

Wie Mifid-II-konform sind UK-Fonds?
Eine wichtige Frage, die britische Asset Manager derzeit bewegt, ist übrigens, ob der Brexit Auswirkungen darauf haben wird, wie die britischen Regularien mit der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II übereinstimmen werden. Denn die Fonds und auch ihr Vertrieb müssen gemäß den EU-Vorschriften erfolgen, um für Anleger auf dem Kontinent attraktiv zu bleiben, so "Investment Week".

Neben Stimmen, die insbesondere für kleinere und mittelgroße Fondsboutiquen schwerwiegende Probleme befürchten, lassen sich auch Experten vernehmen, die zur Gelassenheit mahnen. James Nicholls, Partner bei der Unternehmensberatung Baringa Partners, glaubt nicht, dass die britischen Behörden ihren Einfluss in Europa vollständig verlieren werden. Er weist zudem darauf hin, dass Länder wie Norwegen oder die Schweiz, die keine EU-Mitglieder sind, es geschafft haben, mittels sehr ähnlich regulierter Fonds Zugang zu dem EU-Binnenmarkt zu bekommen. (jb)