Die Priip-Verordnung sorgt derzeit für große Unsicherheit bei Fondsgesellschaften und Versicherern – und das nicht nur, weil der Zeitplan wackelt. Geplant ist, dass die EU-Verordnung über Packaged Retail and Insurance-based Investment Products am 31. Dezember 2016 in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in Kraft tritt. Der Deutsche Bundestag hat sie am 14. April mit dem ersten Finanzmarktnovellierungsgesetz beschlossen.

Priip wird für strukturierte Wertpapiere, Fonds und Versicherungen mit Kapitalanlagecharakter gelten, unter anderem für fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen. Für diese Anlageprodukte sieht die Verordnung neue Vorschriften für die Anlegerinformationen (Key Information Documents, KIDs) vor. Ein zentraler Punkt in den veränderten KIDs wird der "Summary Risk Indicator" (SRI) sein. Diese Kennzahl wird auf Basis einer mathematischen Simulation ermittelt und ordnet alle Finanzprodukte in sieben Risikostufen ein. Mit Inkrafttreten von Priip wird der SRI die bisherige Risiko-Messgröße, den "Synthetic Risk and Reward Indicator" (SRRI), ablösen– soweit, so klar. 

Übergangsfrist für Fondsgesellschaften
Was für Verwirrung sorgt, ist die Tatsache, dass der europäische Gesetzgeber den Fondsgesellschaften für die Umstellung auf die neuen KIDs eine Übergangsfrist bis Ende 2019 eingeräumt hat – bis dahin dürfen sie die alten Anlegerinformationen weiter verwenden. Allerdings benötigen die Versicherer die Risikoeinstufung von Fonds auf Basis des SRI bereits vor dem 31. Dezember 2016, um die KIDs für ihre Fondspolicen erarbeiten zu können.

"Es wäre gut, die Standards zur Risikoeinstufung für OGAW- und PRIIPs-KIDs vor Ablauf der Übergangsfrist Ende 2019 anzugleichen", erklärte der deutsche Fondsverband BVI auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE.
Ansonsten gebe es bis Ende 2019 bei jedem Fonds, der auch in einer Fondspolice eines Versicherers steckt, abweichende Angaben zum Risiko.

Weitere Einstufung für Riester-Policen
Das wiederum könnte dazu führen, ein- und derselbe fonds unter Umständen in zwei verschiedenen Risikostufen landet. Zwar sieht auch der SRI sieben Klassen vor. Die Berechnung nach diesem Indikator kann aber zu einer anderen Zuordnung führen als die SRRI-Methode.

Und damit nicht genug, denn 2017 werden auch Produktinformationsblätter (PIB) für die staatlich geförderten Riester- und Basis-Renten eingeführt. Da die Vorgaben zur Risikoermittlung für die PIB von Riester-Fondsverträgen weniger streng sind als die des SRRI- und der SRI-Modells, fällt für die Riester-PIBs eine weitere Risikoeinstufung an. Ein Kunde könnte für einen Fonds künftig also drei verschiedene "Beipackzettel" mit jeweils unterschiedlicher Risikoeinstufung erhalten – je nachdem, ob er den Fonds in einer Fondspolice, einem Fonds-Riester oder als Direktinvestment erwerben möchte (lesen Sie hierzu auch den Kommentar von FONDS professionell-Redakteurin Andrea Martens).

Hoffen auf Verschiebung
Für Finanzvermittler wird eine vorübergehende Parallelexistenz von SRRI und SRI nicht ohne Folgen bleiben – zumindest dann nicht, wenn sie mit ihren Kunden eine fortlaufende Betreuung vereinbaren.

Experten gehen davon aus, dass die meisten Berater nach dem Inkrafttreten von Mifid II auf Betreuungsverträge umstellen werden. "Eine solche Vereinbarung verpflichtet aber dazu, die Klientel immer darüber zu informieren, wenn sich das vermittelte Anlageprodukt nachteilig entwickelt", erklärt Oliver Renner, Rechtsanwalt in der Kanzlei Wüterich, Breucker in Stuttgart. Daher wird es künftig viel wichtiger, im Auge zu haben, ob sich die Risikostufe eines Fonds ändert. Und das womöglich gleich doppelt – nach dem SRRI und nach dem SRI.

Bislang fehlen noch konkrete Vorgaben zur Berechnung des SRI. Daher hoffen vor allem die Versicherer darauf, dass die Priip-Verordnung verschoben wird. Zudem kritisiert die Insurance Europe – eine Organisation, welche die nationalen Versicherer-Verbände unter ihrem Dach vereint – die europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, ESAs) heftig: Sie würden Verbraucher mit Priip aufgrund missverständlicher Angaben zu Kosten und Risiken in die Irre führen, heißt es. Aus Brüssel ist jedoch zu hören, dass man sich nach dem Termin-Hickhack beim Großprojekt Mifid II  keine zweite Blöße geben will und Priip daher pünktlich in Kraft treten soll. (am)