"Wir haben noch nicht den Höhepunkt der Inflation erreicht." Mit diesen Worten stimmte Starmanager Luca Pesarini von Ethenea sein Publikum auf dem FONDS professionell KONGRESS in Mannheim auf eine schwierige Zeit für die Kapitalanlage ein. Als Hauptschuldigen hat er die Europäische Zentralbank (EZB) ausgemacht, die im vergangenen Jahr viel zu spät auf die anziehenden Verbraucherpreise reagiert habe.

Michael Blümke, einer von Pesarinis Kollegen im Portfoliomanagement des Ethna-Aktiv, untermauerte die Thesen seines Chefs mit Grafiken und Fakten. Die Inflationsrate in Europa fiel zuletzt zwar, was aber vor allem auf die sinkenden Energiepreise zurückzuführen war. Die Kerninflation, in der diese Komponente nicht berücksichtigt wird, stieg bis zuletzt jedoch weiter. "Inflation wird dann gefährlich, wenn sie in den Köpfen der Menschen angekommen ist", so Blümke. Und genau das sei mittlerweile passiert. Wer mit weiter steigenden Preisen rechne, ziehe Käufe vor und kämpfe für höhere Löhne, so wie es derzeit zu beobachten sei – was wiederum die Teuerung befeuere. "Die Lohn-Preis-Spirale ist längst in Gang", sagte Blümke. "Die Inflation füttert die Inflation."

Keine scharfe Rezession erwartet
Die Corona-Pandemie habe sich zwar als Inflationstreiber erwiesen, sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite. Der Hauptgrund sei aber in der laxen Geldpolitik zu suchen. "Inflation ist und bleibt ein monetäres Phänomen", erinnerte Blümke. Im vergangenen Jahr habe die EZB viel zu lange behauptet, dass es sich bei den hohen Teuerungsraten um ein "vorübergehendes" Problem handle. "Die EZB hat neun Monate gebraucht, um mit einem ersten Zinsschritt zu reagieren", kritisierte Blümke.

Angesichts der rasant steigenden Verbraucherpreise rechnen die Ethenea-Anlagestrategen damit, dass die US-Notenbank Fed und die EZB ihre Leitzinsen weiter erhöhen werden. Die Hoffnung vieler Marktteilnehmer, die angesichts des Bankenbebens in den USA und des Notverkaufs der Credit Suisse an die UBS ein baldiges Ende des Zinserhöhungszyklus' erwarten, teilt das Team um Pesarini nicht. "Wir haben keine Bankenkrise", betonte Blümke – es handele sich um die selbstverschuldete Schieflage einzelner Banken, nicht um eine systemische Krise wie 2008. "Für die Notenbanken gibt es daher keinen Grund, die Zinsen schnell wieder zu senken." In ihrem Basisszenario rechnen die Ethenea-Portfoliomanager auch nicht mit einer scharfen Rezession. "Die Realwirtschaft kann mit höheren Zinsen umgehen", so Blümkes Überzeugung.

Wetten auf weitere Zinsschritte
Und was heißt das für die Anlagestrategie des knapp zwei Milliarden Euro schweren Ethna-Aktiv? Aktien sehen die Luxemburger Vermögensverwalter aktuell als fair bewertet an. Auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten sei weder ein ausgeprägter Bären- noch ein Bullenmarkt zu erwarten, sondern eher ein volatiler Seitwärtstrend. Chancen wittern Pesarini und seine Kollegen eher am Rentenmarkt, wo die Zinsen für Anleihen mit längerer Restlaufzeit aktuell unter denen für kurzlaufende Papiere liegen. Diese Konstellation, so das Kalkül der Ethenea-Manager, wird nicht lange Zeit Bestand haben, also setzen sie mit Derivaten auf steigende Zinsen am "langen Ende". "Die langfristigen Zinsen zeigen eine Rezession an, die es gar nicht gibt", sagte Pesarini. "Ich hoffe, dass die EZB sehr beherzt die Zinsen erhöht, um die Inflation zu bekämpfen." (bm)