Angesichts einer negativen Rendite bei zehnjährigen Bundesanleihen sind für Investoren jene Zeiten endgültig passé, in denen eine risikolose Rendite bei ausreichend langem Anlagehorizont möglich war. "Man muss sich zwangsläufig mit der Frage auseinandersetzen, wie Risiko überhaupt definiert wird", schlussfolgert Peter E. Huber, Fondsmanager und Vorstand des unabhängigen Vermögensverwalters Starcapital.

Gängige Definitionen gehen weit auseinander: Manche nennen die Gefahr starker Kursschwankungen, andere das maximale Verlustpotenzial und wiederum andere den "Value at Risk" als Gradmesser für das Anlagewagnis. Strategien zur Wertsicherung, die das Risiko einer Anlage mindern sollen und eine vorher definierte Wertuntergrenze einhalten, haben sich nach dem Hubers Überzeugung nicht bewährt, da so prozyklische Verluste zementiert werden. 

Schlechtes Timing verhagelt Rendite
Die Ursache dafür, dass das Gros der Investoren bei seinen Vermögensanlagen deutlich schlechter abschneide als der Markt, sei vor allem der falsche Zeitpunkt für Käufe und Verkäufe. Anleger kauften immer dann verstärkt Aktien, wenn die Wirtschaft brummt, die Unternehmen gut verdienen und die Dividenden steigen. Nach Huber sei dies ein schlechter Zeitpunkt, weil nicht nur alle öffentlich zugänglichen Informationen bereits in den Börsenkursen enthalten seien, sondern auch die Erwartungen der Anleger bezüglich der weiteren Entwicklungen. Seien diese Erwartungen positiv, zahle man eine Stimmungsprämie und kaufe dementsprechend teuer ein.

"Das Risikoempfinden des Anlegers hat nichts mit dem tatsächlichen Risiko einer Anlage zu tun", sagt Huber. Dagegen eigneten sich vor allem wirtschaftliche Rezessionsphasen mitsamt zurückgehender Unternehmensgewinne sehr gut für Käufe. "Wir sehen also eine hohe Volatilität nicht als Risiko, sondern als eine Chance", argumentiert der überzeugte Antizykliker Huber.

Vermögenseinbußen als wahre Risiken
Er definiert das Risiko deshalb als die Gefahr dauerhafter und substanzieller Vermögensverluste. Die steige beträchtlich, wenn man nicht genügend diversifiziert sei und vielleicht sogar Klumpenrisiken bilde. "Anleihen können in einen Totalverlust münden, wenn der Emittent pleitegeht. Dies haben die Besitzer von Mittelstandsanleihen in den letzten Jahren schmerzvoll erfahren müssen", präzisiert Huber. Auch bei einzelnen Aktien sind substanzielle Vermögensverluste immer möglich, und auch klangvolle Namen sind davor nicht geschützt. Huber: "Die Börsenfriedhöfe sind voll mit ehemaligen Wachstumswerten".

Das Risiko dauerhafter und substanzieller Vermögensverluste sei bei einer antizyklischen, langfristig ausgerichteten Strategie über Aktien eher gering. Aktien besäßen auf kurze Sicht zwar mit das größte Verlustpotenzial. "Langfristig sind sie aber die sicherste und rentabelste Anlage, wie die Entwicklung in den letzten 200 Jahren gezeigt hat", erklärt Huber. Ursächlich dafür ist die Beteiligung an der Wertschöpfung der Wirtschaft, die keine andere Vermögensform biete. Die gegenwärtig miese Stimmung biete seiner Beobachtung nach viele Vorteile.

Weil Krisen, Attentate und Katastrophen die Nachrichtenwelt bestimmen, empfehlen viele Banken und Vermögensverwalter derzeit, Aktien zu verkaufen. "Die Börsen scheint dies nicht zu kümmern", so Huber. Er blickt optimistisch in die Zukunft: Langfristig sei man sehr positiv für die Aktienmärkte eingestellt – ganz nach Warren Buffets allgemeingültiger Faustregel "Sei gierig, wenn die anderen Angst haben, und habe Angst, wenn andere gierig sind". (aa/ps)