In der Großen Koalition droht ein veritabler Rentenstreit. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat nach Berichten der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) vorgeschlagen, das Alter für den Rentenbeginn weiter nach hinten zu schieben. Andere führende Politiker, darunter Arbeitsministerin Andrea Nahles, lehnen dies aber ab – im Gegensatz zum Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, der Schäuble beispringt.

In den beiden Regierungsfraktionen, deren Vorstände sich kürzlich trafen, herrscht derweil Verwunderung über Schäubles Vorstoß. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder nannte es "ein bisschen eigenartig", kurz vor der höchsten Rentenerhöhung seit 23 Jahren, solche Debatten anzustoßen. "Ich halte nichts von einer gesetzlichen Verschiebung der Altersgrenze", wird sein SPD-Kollege Thomas Oppermann von der SZ zitiert.

Arbeitsministerium tüftelt an Rentenreform
Nahles plant ohnehin eine umfassende Rentenreform. Vergangene Woche hat sie angekündigt, aus den Veränderungen der ökonomischen und demografischen Bedingungen entsprechende Rückschlüsse zu ziehen und Maßnahmen einzuleiten. Eine Großbaustelle ihres Hauses ist die Reform der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). Ein vom Bundesfinanzministerium (BMF) beauftragtes Gutachten zu den steuerlichen Aspekten der bAV kommt übrigens zu dem Schluss, dass Änderungen bei der Zillmerung von externen bAV-Verträgen notwendig seien.

GDV pro Schäuble
Unterstützung erhielt Schäuble vonseiten der deutschen Versicherungswirtschaft. "Starre Altersgrenzen passen nicht zu der weiter dynamisch steigenden Lebenserwartung", wird GDV-Präsident Alexander Erdland von der Nachrichtenagentur dpa-AFX zitiert. Der Verband und sein Vorsteher verweisen auf die längere Lebenserwartung der Menschen.

Altersabsicherung sei eine Angelegenheit von Jahrzehnten, so Erdland laut der Nachrichtenagentur weiter. Deshalb dürfe es in der aktuellen Rentendebatte nicht nur um diejenigen gehen, die schon bald in den Ruhestand wechselten, sondern auch um die Menschen, die erst in 30 oder 40 Jahren in Rente gehen.

Junge Menschen fordern tragfähige Konzepte
Das Rententhema treibt auch die Umfrageinstitute um. So hat TNS Infratest versucht, die Einstellung der Menschen zwischen 17 und 27 zur Altersvorsorge herauszufinden. Das Ergebnis: Sie sind bereit, für das Alter vorzusorgen. Sie vermissen aber tragfähige Konzepte und wünschen sich, vom Staat mehr an die Hand genommen zu werden. So sprach sich eine Mehrheit für automatische Sparregeln bei der Aufnahme eines Jobs aus. (jb)