Normalerweise freuen sich Verkäufer, wenn Kunden ihnen die Tür einrennen. Doch bei offenen Immobilienfonds sind neue Anleger derzeit nicht gern gesehen: Die drei Flaggschiff-Fonds der Volksbanken-Fondsgesellschaft Union Investment nehmen derzeit kein neues Geld mehr an, und auch die Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka hat ihre Zielmarke für neu anzulegendes Geld in ihren offenen Immobilienfonds für das laufende Jahr fast erreicht.

Auch Kanam Grund hat einen Cash-Stop zum 2. Mai für ihren Fonds Leading Cities Invest, der nach den neuen Regeln des Kapitalanlagegesetzbuches aufgelegt wurde, beschlossen.  "Das tut den Anbietern zwar weh, aber die Fondsmanager wissen derzeit einfach nicht, wohin mit all dem Geld", erläutert Sonja Knorr, Director Alternative Investments bei Scope Ratings, die Lage.

Alein in den ersten beiden Monaten 2016 sind den in Deutschland zugelassenen noch aktiven offenen Immobilienpublikumsfonds satte 2,2 Milliarden Euro zugeflossen, schreibt die Berliner Ratingagentur weiter. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2014 waren es 3,9 Milliarden Euro, im deutlich stärkeren Jahr 2015 dann 5,3 Milliarden Euro. Nun bahne sich eine weitere Steigerung an. "Die Mittelzuflüsse sind derzeit extrem hoch", beobachtet Knorr. Hauptgrund: Das Niedrigzinsniveau erhöhe die Anziehungskraft von Sachwerten und treibt immer mehr Anleger in offene Immobilienfonds.

Niedrige Zinsen = große Nachfrage nach Immobilien
Deren Emittenten sehen sich deshalb zunehmend gezwungen, den Geldzufluss zu reglementieren. "Eine hohe Liquidität in den Fonds kostet im aktuellen Umfeld nun einmal Rendite", sagt Knorr. Die Fondsmanager müssen mit realen Negativzinsen leben, wenn sie das Geld der Anleger nicht gleich unterbringen können.Zugleich treibe das Zinstief die Immobilienpreise.

Zuletzt mussten die Fonds daher immer höhere Risiken eingehen, um frisches Geld rentierlich anzulegen. Sie haben zum Beispiel so genannte Core-plus-Objekte gekauft, die beispielsweise durch Modernisierungsmaßnahmen erst noch optimiert werden müssen. Zudem werden verstärkt noch in Bau befindliche Projektentwicklungen angekauft, bei denen das Risiko besteht, dass sie nach Fertigstellung nicht zu den geplanten Konditionen vermietet werden können. Zugleich haben Fondsmanager in Metropolen Immobilien in weniger attraktiven B-Lagen zugekauft und auch Objekte abseits der A-Standorte erworben, letztere allerdings meist in guten Lagen.

KAGB schützt vor Ausverkauf
Eine andere traditionelle Schwäche offener Immobilienfonds sei inzwischen aber zumindest im Grundsatz behoben: Ziehen Kunden schnell in großer Zahl Gelder ab, dann müssen die Fonds womöglich in kurzer Zeit Objekte verkaufen, um die abtrünnigen Investoren auszahlen zu können. Seit 2013 schreibt das Kapitalanlagegesetzbuch aber eine Mindesthaltedauer von zwei Jahren vor. Zudem können Anleger nur mit einem Jahr Vorlauf kündigen. Beides nehme Druck von den Fondsmanagern. "Dennoch ist die Gefahr eines Ausverkaufs nicht gebannt, wenn die Stimmung eines Tages kippt", warnt Analystin Knorr. (jb)