Die Finanzaufsicht Bafin hat bereits veröffentlichte Daten zu den Eigenkapitalausstattungen der deutschen Versicherungsunternehmen nach der europäischen Solvency II-Richtlinie präzisiert. Im Juli hatte sie mitgeteilt, dass von den 342 deutschen Versicherern zu Jahresbeginn immerhin drei namentlich nicht genannte Unternehmen die Kapitalanforderungen gemäß Solvency II (Solvency Capital Requirement oder SCR) nicht erfüllt hatten (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Nun gibt sie immerhin bekannt, dass diese drei Unternehmen Sach- und keine Lebensversicherer waren. Allerdings hat sich die Kapitaldecke der im Lebensbereich tätigen Gesellschaften in den ersten drei Monaten 2016 ebenfalls spürbar verschlechtert.

Zudem können einige Assekuranzen nur dank großzügiger Übergangsregeln und- zeiten die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Branchenkenner weisen zwar daraufhin, dass die SCR-Quote nicht als unumstößlicher Maßstab für die wirtschaftliche Stabilität eines Versicherers gilt. Ein Indikator für mögliche Probleme ist sie aber schon. Daher dürften diese Zahlen der Bafin die Branche nicht gerade erfreuen.

Zum technischen Hintergrund der Bafin-Auswertung: Gemäß Paragraf 89 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) müssen Versicherer stets über anrechnungsfähige Eigenmittel mindestens in Höhe ihrer jeweiligen SCR-Quote verfügen. Diese entspricht dem "Value-at-Risk der Basis-Eigenmittel zu einem Konfidenzniveau von 99,5 Prozent über ein Jahr", wie es im Gesetz heißt. Vereinfacht gesagt: Ein Versicherer, der über anrechnungsfähige Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderungen verfügt, muss mit einer Wahrscheinlichkeit von wenigstens 99,5 Prozent in der Lage sein, Verluste auszugleichen, die innerhalb des nächsten Jahres eintreten.

Zwei Gesellschaften mit Unterdeckung
Im Detail brach die SCR-Quote der 84 Lebensversicherer in den ersten drei Monaten des Jahres von 283 auf 209 Prozent ein, wie die Bafin weiter meldet. Eine Gesellschaft  musste sogar eine kurzfristige Stärkung der Eigenkapitalbasis vornehmen, damit sie die Quote wieder erfüllen konnte. Zwei Unternehmen wiesen Ende März zwar eine SCR-Unterdeckung auf, können sich dabei aber auf eine Sonderregelung berufen (Details lesen Sie hier). Die Bafin hat die "Wackelkandidaten" daher in "Manndeckung" genommen.

Die Bafin betont zudem, dass den Lebensversicherern ohne die bis 2032 geltenden Übergangsregelungen für die Solvency II-Umsetzung Ende März 12,3 Milliarden Euro an Eigenmitteln gefehlt hätten. Zum Vergleich: Ende 2015 waren es nur 3,5 Milliarden Euro. Insgesamt 26 Unternehmen nutzen zur Sicherstellung einer ausreichenden SCR-Bedeckung diese Übergangsmaßnahmen.

Ein Sachversicherer mit Problemen
Auch zu den anderen Versicherungsunternehmen präzisierte die Behörde ihre Zahlen: In der Schaden- und Unfallversicherung betrug die durchschnittliche Eigenkapitaldeckungsquote zum Jahresbeginn 278 Prozent und blieb im Laufe des ersten Quartals mit 280 Prozent nahezu unverändert. Zum 1. Januar 2016 hatten aber von den 186 berichtspflichtigen Schaden- und Unfallversicherern drei die SCR nicht erfüllen können. Zum Ende des ersten Quartals seien es noch zwei Unternehmen gewesen, mittlerweile ist es nur noch ein Versicherer, so die Behörde.

Von 41 Krankenversicherern, die unter Aufsicht der Bafin stehen, waren alle zu den beiden genannten Stichtagen ausreichend mit Eigenkapital ausgestattet. Allerdings würden acht Krankenversicherer spezielle Maßnahmen zur Bewertung langfristiger Garantien unter Solvency II sowie Übergangsmaßnahmen anwenden, heißt es. In der Rückversicherung ergab sich zum 1. Januar 2016 eine durchschnittliche SCR-Bedeckung von 326 Prozent, die aber zum Ende des ersten Quartals leicht auf 320 Prozent sank.

Veröffentlichungspflicht ab 2017
"Die Bafin trägt mit dieser vertieften Darstellung dem Transparenzgedanken Rechnung, der im neuen Aufsichtsregime Solvency II verankert ist", erklärte Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund die Veröffentlichung der Zahlen. Der Bafin sei es wichtig, bereits vor der ab 2017 vorgeschriebenen Offenlegung der Solvency-Daten durch jeden einzelnen Versicherer einen Branchenüberblick für die einzelnen Hauptsparten zu kommunizieren.

"Alle Marktteilnehmer sollen Gelegenheit bekommen, die Auswirkungen des neuen Regimes auf die Lebens-, die Schaden- und Unfall-, die Kranken- und die Rückversicherung kennenzulernen. Insbesondere die hohe Volatilität – bedingt durch die Veränderungen des Marktumfelds – macht deutlich, dass der bloße Vergleich von SCR-Bedeckungsquoten mit Vorsicht zu genießen ist." (jb)