Verkaufsprospekte und Finanzberater müssen über das Risiko der Anlegerhaftung nach dem GmbH-Gesetz hinweisen. Das hat das Landgericht München I mit Urteil vom 19. Dezmeber 2014 entschieden (Az.: 3 O 7105/14). Konkret geht es um die Paragrafen 30 und 31 des GmbH-Gesetzes, die, so die Kanzlei Mattil & Kollegen, auch bei geschlossenen Fonds Anwendung finden. "Diese Regelungen im GmbH-Gesetz sehen vor, dass ein Gesellschafter alle erhaltenen Auszahlungen zurückzahlen muss, wenn die Gesellschaft materiell unterkapitalisiert ist. Diese Vorschrift gilt auch für einen Kommanditisten im Verhältnis zu der Kommanditgesellschaft, an der er beteiligt ist", erklärt Rechtsanwalt Peter Mattil.

Bislang wurden die Anleger notleidender geschlossener Fonds vor allem mit Bezug auf Paragraf 172 Handelsgesetzbuch (HGB) und mit Bezug auf Darlehensklauseln im Gesellschaftsvertrag zur Rückzahlung von Auszahlungen aufgefordert, die sie von ihren Fondsgesellschaften erhalten hatten. Laut Mattil berufen sich Insolvenzverwalter gelegentlich aber auch auf das GmbH-Gesetz. "Die Rückforderbarkeit der Zahlungen bezieht sich nicht nur auf als Entnahmen zu qualifizierende Ausschüttungen, sondern auch auf Gewinnausschüttungen", betont der Jurist.

Bank weist Vorwürfe zurück
Das Landgericht München hat nun entschieden, dass ein Anleger sowohl den Prospektverantwortlichen als auch den Berater in Anspruch nehmen kann, wenn er nicht auf dieses Haftungsrisiko hingewiesen wurde. Die Kanzlei Mattil & Kollegen, die das noch nicht rechtskräftige Urteil erstritten hat, hat nach eigenen Angaben hunderte Prospekte begutachtet. In einem einzigen sei der Hinweis auf die Haftung nach dem GmbH-Gesetz erwähnt. "Das Urteil gilt also für zig tausend geschlossene Fonds, die über Berater vertrieben wurden", meint Mattil.

Ein Anleger, der im Jahr 2006 15.000 US-Dollar in einen HCI-Schiffsfonds investiert hatte, klagte gegen die Bank Unicredit. Die Beraterin soll den Anleger im Beratungsgespräch nicht auf das Risiko hingewiesen haben, dass er gegebenenfalls alle erhaltenen Leistungen zurückbezahlen müsste. Die Bank wies den Vorwurf der Fehlberatung zurück. Es sei anhand des Prospekts, der keine Mängel aufweise, beraten worden. Über das Innenhaftungsrisiko nach dem GmbH-Gesetz hätte nicht aufgeklärt werden müssen, da es sich um kein wesentliches Risiko handele und über Risiken allgemeiner Natur nicht aufgeklärt werden müsse. Außerdem sei im Fondsprospekt sowohl auf das Totalverlustrisiko als auch auf den Umstand, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handelt, hingewiesen worden.

Gericht sieht Beratungs- und Prospektfehler
Das Gericht entschied gegen die Bank, da der Anleger "bei Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage nicht über das Innenhaftungsrisiko analog §§ 30,31 GmbH-Gesetz aufgeklärt wurde". Dabei hat das Gericht mit Bezug auf die Regelungen des GmbH-Gesetzes festgestellt, dass ein Anleger die erhaltenen Auszahlungen an die Fondsgesellschaft zurückzahlen müsse, wenn das Stammkapital der Komplementär-GmbH angegriffen sei oder die GmbH bereits überschuldet sei. Die Rückzahlungsflicht sei nicht auf die Haftsumme des Anlegers beschränkt und werde relevant, wenn die Fondsgesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten komme.

Auf diesen Umstand hatte die Beraterin den Anleger laut Urteilsbegründung nicht hingewiesen. Außerdem heißt es in dem Urteil: "Das Risiko wird im Emissionsprospekt nicht hinreichend deutlich klargestellt, vielmehr konnte ein Anleger gerade aufgrund der Regelungen in den Gesellschaftsverträgen davon ausgehen, dass er einem derartigen Risiko nicht ausgesetzt war." Auf die Innenhaftung nach dem GmbH-Gesetz weist der Fondsprospekt laut Gericht nicht hin. "Aufgrund der Ausführungen im Emissionsprospekt musste der Anleger daher nur damit rechnen, dass er aufgrund prospektgemäßen Rückführungen der Einlage nur dann zu haften hatte, wenn diese zu einer Minderung seiner Einlage unter 20 Prozent führten und damit das Haftkapital reduzierten", so die Ausführung im Urteil. Die Bank hätte den fehlenden Hinweis auf die GmbH-Gesetz-Haftung, die im Übrigen kein Risiko allgemeiner Natur sei, bei der "ihr obliegenden bankkritischen Prüfung" des Prospekts erkennen können.

Das Gericht verurteilte die Bank, dem Anleger 12.494 Euro plus Zinsen zu zahlen (nicht rechtskräftig). (ae)