Gutgläubigen Anlagevermittlern droht unerwarteter Ärger wegen einst vermittelter Finanzprodukte – obwohl die Fälle längst geklärt schienen. Darauf weist Philipp Mertens hin, Partner der Düsseldorfer Kanzlei BMS Rechtsanwälte.

Mertens zufolge sehen sich Finanzberater in jüngerer Zeit vermehrt mit sogenannten Streitverkündungen konfrontiert. "Hintergrund sind in der Regel Prozesse gegen Anbieter von Finanzprodukten, die für vermeintliche Aufklärungsfehler der Vermittler in Anspruch genommen werden sollen, etwa bei gefloppten Beteiligungsmodellen", sagt er. Findige Anlegerschutzanwälte argumentieren, dass auch der Vermittler vom Anbieter getäuscht wurde, etwa was die tatsächlichen Risiken des Investments angeht. Ihr Ziel ist eine Kooperation mit Finanzberatern und -vermittlern, um Zugang zu deren Kunden zu erhalten.

Produktanbieter wollen sich Regressansprüche sichern
Im zweiten Schritt verklagen die Anlegeranwälte beispielsweise den Gründungsgesellschafter des geschlossenen Fonds, denn dieser haftet auch für Aufklärungsdefizite, die nicht durch einen fehlerhaften Prospekt begründet sind. "Oft tritt der Vermittler im Prozess als Zeuge auf", sagt Mertens.

Für den Finanzberater sieht das auf den ersten Blick nach einer attraktiven Lösung aus: Er kann seinen Kunden helfen, ihr Vermögen wieder zu beschaffen, und zieht zugleich elegant seinen Kopf aus der Schlinge – schließlich musste er befürchten, dass der Anleger ihn selbst in Haftung nimmt.

Dabei würden Anlagevermittler einen Punkt jedoch oft übersehen, so Mertens: "Werden die Produktverantwortlichen mit dem Argument verklagt, sie müssten für die fehlerhafte Aufklärung des Vertriebs einstehen, verkünden sie den betroffenen Vermittlern regelmäßig den Streit." Das bedeute zunächst, dass der Produktverantwortliche dem Berater die Möglichkeit einräume, sich in das Verfahren einzubringen, um gegebenenfalls Vorwürfe richtigzustellen. "In den allermeisten Fällen dient die Streitverkündung allerdings auch dazu, Regressansprüche vorzubereiten und zu sichern", betont der Jurist.

Versicherungsschutz gefährdet
Mertens warnt Vermittler ausdrücklich auch davor, sich vor Gericht leichtfertig dem Vortrag ihrer Kunden anzuschließen – womöglich aus falsch verstandener Solidarität. So setzen sie den Versicherungsschutz leichtfertig aufs Spiel, den die Vermögensschadenhaftpflichtpolice (VSH) biete. "Ich kenne den Fall eines Vermittlers, der als Zeuge argumentiert hat, er selbst habe das Produkt als absolut sichere Altersvorsorge wahrgenommen, obwohl der Anbieter eine sehr hohe Rendite in Aussicht gestellt hatte. Da fällt es dem VSH-Anbieter leicht, eine wissentliche Pflichtverletzung zu vermuten – und der Versicherungsschutz ist dahin." (bm)