Mehr als die Hälfte der deutschen Versicherer hat sich noch nicht mit der neuen EU-Vertriebsrichtlinie IDD (Insurance Distribution Directive) beschäftigt. Der Grund sind wohl die rigiden Anforderungen an interne Vergütungssysteme, Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie bei der Produkt- und Kundenberatung. Dies sind die Kernergebnisse der Entscheider-Studie "IDD-Umsetzung in deutschen Versicherungsunternehmen" der Unternehmensberatung PPI AG, die daher auch die Umsetzung der Richtlinie bis 2018 gefährdet sieht. Schließlich müssten frühzeitig Prozesse und Systeme analysiert und die IDD in die Projektplanung für das kommende Jahr aufgenommen werden, schreibt PPI, das für die Studie bundesweit IDD-Verantwortliche aus 46 Versicherungen telefonisch befragte.

Bekanntlich nahm die IDD vor kurzem eine weitere Hürde auf dem Weg zu ihrer Umsetzung, als das EU-Parlament am 24. November die Direktive beschloss. Die Herausforderung für die Versicherer bestehe nun darin, die Umsetzung in bereits laufende Projekte baldmöglichst zu integrieren. Der EU-Gesetzgeber greife derart umfassend in den Vermittlermarkt ein, dass zahlreiche Prozesse in den Unternehmen betroffen sind.

Provisionsbestandteile auf Knopfdruck
"Die Versicherer sollten die IDD bereits in ihre Projektplanung für 2016 aufnehmen, um die mitunter gravierenden Auswirkungen der EU-Verordnung hinreichend berücksichtigen zu können", erläutert Sascha Däsler, Experte für Versicherungsvertrieb bei PPI. "Dies betrifft auch laufende Projekte, so beispielsweise bei der Digitalisierung von Vertriebs- und Kommunikationswegen. Bildlich gesprochen sollten die Versicherer jetzt schon prüfen, ob sie bei einer ohnehin bereits aufgerissenen Straße eine zusätzliche Leitung verlegen können."

Diese Informationssammlung stehe vielen Versicherern jedoch noch bevor. Satte 54 Prozent geben an, damit überhaupt noch nicht begonnen zu haben. Weitere elf Prozent der Assekuranzen haben mit der IDD verbundene Themen bestenfalls zur Hälfte hausintern adressiert.

Ein riskantes Vorgehen, da sich der Teufel häufig im Detail versteckt. Däsler nennt als möglichen Fallstrick Provisionsauskünfte, die Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss erhalten. "Die Versicherer müssen künftig auf Knopfdruck die Provisionsbestandteile offenlegen", so der Experte. "Damit die Kunden verlässliche Informationen erhalten, müssen IT-Anwendungen und Prozesse im Vertrieb auf den Prüfstand. Damit sollten die Versicherer jetzt schon beginnen, obwohl der endgültige Gesetzestext für Deutschland noch nicht feststeht." (jb)