Am Deutschen Institut für Normung (DIN) in Berlin werden derzeit wichtige Weichen für die Zukunft der Finanz- und Versicherungsberatung in Deutschland gestellt. Ein 40-köpfiges Gremium entscheidet über eine Norm für die Bedarfsanalyse, die dem eigentlichen Beratungsprozess vorangeschaltet ist. Man kann nur hoffen, dass die Damen und Herren ihren Job gut machen, denn von ihren Entscheidungen hängt einiges ab.
 
Eine Norm ist zwar eine freiwillige Verpflichtung, es sei denn, ein Gesetz verweist darauf oder sie wird Bestandteil eines bindenden Vertrages. Dennoch hätte sie nach Meinung von Fachleuten eine große Auswirkung auf die Branche, denn jeder, der die Norm ignoriert, müsste sich dafür vor seinen Kunden rechtfertigen. Und bei diesen stehen die drei Buchstaben DIN hoch im Ansehen.
 
Kontroverse Diskussionen
Allerdings könnte der Prozess, den das DIN-Institut für die Entwicklung einer Norm aufgesetzt hat, das Vorhaben scheitern lassen oder einen Kompromiss hervorbringen, der weder dem Kunden noch dem Berater nützt. Hierzu muss man wissen, dass der Ausschuss versucht, die Norm auf Basis der DIN-Spezifikation 77222 "Standardisierte Finanzanalyse für den Privathaushalt" der Defino Gesellschaft für Finanznorm zu definieren.
 
Diese Vorstufe zu einer Norm spaltet – überspitzt formuliert – das Lager der deutschen Berater in zwei Hälften: Die einen loben, das Regelwerk stelle einen guten Leitfaden für Vermittler dar und ermögliche eine effektive erste Bedarfsanalyse. Kritiker bemängeln, die Spezifikation enthalte im Detail eine Reihe von Fehlern, die für Berater ein Haftungsrisiko bedeuten könnten. Wie kontrovers diskutiert wird, zeigen schon die Leserkommentare zu einem Artikel von FONDS professionell ONLINE.
 
Ordentliches Ergebnis oder müde Diskutanten?
Daher kommt sicher viel darauf an, welches Lager wie stark im Ausschuss vertreten ist. Die Entscheidung über die Zusammensetzung des Gremiums obliegt dem DIN-Institut. Dieses muss einladen und dabei möglichst die gesamte Branche ansprechen. Wie gründlich das Institut hierbei gearbeitet hat, ist nicht bekannt, da es die Namen der Ausschussmitglieder geheim hält – nur die Namen einiger Teilnehmer sickerten kürzlich durch (FONDS professionell ONLINE berichtete). Andererseits dürfen Einzelpersonen und Institutionen auch von sich aus um Teilnahme bitten. Wer das gemacht hat und ob der Ausschuss sie zugelassen hat, ist wegen der Geheimhaltungspflicht ebenfalls unbekannt.
 
Es liegt allerdings nahe, dass es zumindest einige eher kritisch eingestellte Branchenkenner in den Ausschuss geschafft haben. Denn sonst würde der Ausschuss, der am Ende einstimmig über die Norm entscheiden muss, nicht schon seit gut zwei Jahren tagen. Nun scheint sich die Arbeit aber langsam dem Ende zuzuneigen, denn es wird kolportiert, dass die Norm im kommenden Jahr veröffentlicht werden könnte. Hoffentlich, weil die intensiven fachlichen Diskussionen zu einem ordentlichen Ergebnis führen, und nicht weil die Teilnehmer des Diskutierens müde geworden sind. Denn dafür hängt für die Branche zu viel von dieser Norm ab.