Die Comdirect ist bald nicht mehr selbstständig. Am Dienstag (5.5.) hat die Hauptversammlung der Direktbank beschlossen, dass die Commerzbank, die schon mehr als 90 Prozent an der börsennotierten Tochter ihr eigen nennt, die verbleibenden Minderheitsaktionäre herausdrängen darf – ein sogenannter "Squeeze-Out", wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) meldet. Damit kann die Commerzbank die Online-Bank wie geplant auflösen und in ihr eigenes Privatkundengeschäft integrieren.

Auf der Aktionärsversammlung, die wegen der Corona-Krise komplett ins Internet verlegt wurde, kam der FAZ zufolge Kritik auf. Zunächst einmal missfiel den Aktionärsvereinigungen SdK und DSW, dass die Veranstaltung nur online stattfand, obwohl mit der Entscheidung über den Squeeze-Out ein essentielles Thema auf der Tagesordnung stand. Die seit Jahresanfang amtierende Vorstandsvorsitzende Frauke Hegemann sagte laut der Zeitung, dass eine Verschiebung der Versammlung weder im Interesse von Aktionären noch Mitarbeitern gewesen wäre. "Die Unsicherheit hätte nicht auf den Unternehmenswert der Comdirect eingezahlt", wird sie zitiert.

Kritik an Preis von 12,75 Euro je Aktie
Vor allem aber trieb die restlichen Anteilseigner um, dass sie nur 12,75 Euro je Aktie erhalten werden – zumal auf Empfehlung der Bankenaufsicht auch keine Dividende gezahlt wird. Dem Hedgefonds Petrus hatte die Commerzbank im Januar für deren Comdirect-Paket 170 Millionen Euro oder umgerechnet 15,15 Euro je Aktie gezahlt. Dieser Preis sei für Minderheitsaktionäre beim Komplett-Erwerb aber nicht relevant, stellte Hegemann der Zeitung zufolge lapidar fest. Zwei Gutachten seien basierend auf dem Ertragswertverfahren auf einen Unternehmenswert der Comdirect von nur 11,17 Euro je Aktie gekommen.

Die von der Direktbank nach einem hervorragenden ersten Quartal erhöhte Jahresgewinnprognose habe dann zu einem Unternehmenswert von 11,39 Euro geführt, erklärte Hegemann laut FAZ weiter. Da aber durch die Corona-Krise die mittelfristigen Zinsen in negatives Terrain gefallen seien, wären jetzt sogar nur 10,94 Euro je Comdirect-Aktie angemessen. Gezahlt werden aber 12,75 Euro, da mindestens der Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate berücksichtigt werden muss. (jb)