Die Asset-Management-Tochter des Versicherungsriesen Allianz war in eine schwere Krise geraten, nachdem 2020 bekannt wurde, dass drei Portfoliomanager der Structured-Alpha-Strategien Zahlen geschönt und Risiken kleingeredet hatten. "Als börsennotierter Asset Manager ohne unsere Mutter im Rücken wären wir pleitegegangen", sagte Tobias Pross, Vorstandschef von Allianz Global Investors, im Interview mit FONDS professionell, das in der neuen Ausgabe 4/2023 erscheint.

Die Allianz entschädigte die Kunden mit Milliardenzahlungen. Die US-Behörden verhängten Strafen und Allianz GI musste das US-Geschäft an Voya Investment Management abgeben. "Dank der großen Unterstützung durch unsere Mutterfirma konnten wir unsere Kunden in einem sehr fairen Kompromiss kompensieren", sagt Pross. "Kein anderer Regulator auf diesem Planeten hat uns das Vertrauen entzogen, und die Kunden haben uns die Treue gehalten." Die Kunden hätten natürlich nachgefragt, ob es sich um ein systemisches Problem handelt.

"Das findet kein Compliance-System der Welt"
"Die Behörden selbst haben festgehalten, dass es sich um einen isolierten Fall handelte", betont Pross. Zwar habe es vereinzelte Schwächen gegeben, räumt der Manager ein. "Wir hatten bereits ein sehr robustes Compliance-Rahmenwerk – mit Verlaub, wir sind ja keine Pommesbude", so Pross. Die Prozesse seien nachgeschärft worden. "Aber ganz ehrlich: Wenn jemand sich ein fremdes Mobiltelefon besorgt, um gefälschte Daten zu verschicken, dann findet das kein Compliance-System der Welt."

Zugleich zeigt er sich menschlich enttäuscht über das Drama. "Das wirklich Traurige ist, dass drei Menschen massiv gegen Regeln und Vorschriften verstoßen, unsere Organisation mit ihren mehr als 2.500 Menschen betrogen und hintergangen sowie das Vertrauen unserer Kunden missbraucht haben", sagt Pross. "Das Vertrauen unserer Kunden ist das Wertvollste, das wir haben." Er habe hinterher viele Ratschläge erhalten, was das Haus alles hätte besser machen können. "Die fand ich aber wenig hilfreich", meint der Vorstandschef. "Ich wünsche so etwas keinem meiner Mitbewerber."

"Anderes Kapitalmarktumfeld, aber genauso herausfordernd"
Mit Blick auf die Finanzmärkte und die Abkehr der Notenbanken von der ultralockeren Geldpolitik sowie die Rückkehr von Inflation und Zinsen mag der Manager nicht von einem Umbruch sprechen. "Das ist weniger eine Trendwende als vielmehr ein anderes Kapitalmarktumfeld, das aber genauso herausfordernd ist wie das vorhergehende, als alle in der Branche Investmentlösungen für das Niedrigzinsumfeld suchten", argumentiert Pross.

Die vergangenen Jahre mit stetig wachsenden Vermögen und steigenden Bewertungen an den Kapitalmärkten mag der Allianz-Manager dementsprechend auch nicht als goldene Ära für die Fondsbranche anerkennen. "Die goldene Ära ist meines Erachtens nur ein Schlagwort", meint Pross. "Es war noch nie wirklich leicht." Er habe sich vor 25 Jahren nicht wegen goldener Jahre für die Fondsbranche entschieden. (ert)


Warum sich Tobias Pross in jungen Jahren für eine Karriere in der Fondswelt entschieden hat, welche Bereiche von Allianz Global Investors er ausbauen und welche Geschäftsfelder er demgegenüber meiden möchte, lesen Sie im vollständigen Interview in Ausgabe 4/2023 von FONDS professionell, die derzeit ausgeliefert wird, oder nach Anmeldung hier im E-Magazin.