Seit Juli vergangenen Jahres gehört Pioneer Investments zu Amundi. Mit der Übernahme wurde Evi C. Vogl Deutschlandchefin des französischen Fondsriesen. Im Interview mit FONDS professionell ONLINE spricht sie über die Folgen der Regulierung, ihre aktuelle Produktpalette, die hohen Abflüsse aus einst angesagten HVB-Dachfonds und den Nachfolger von Nils Hemmer an der Spitze des Drittvertriebs.


Frau Vogl, inzwischen blicken wir bereits auf ein dreiviertel Jahr unter Mifid II zurück. Zeichnet sich schon ab, wie die Regulierung den Retail-Fondsvertrieb verändern wird?

Evi C. Vogl: Wir sehen den Trend, dass mehr ETFs genutzt werden. Es wird mehr auf Asset Allocation, auf Kunden-Lösungen abgestellt als auf einzelne Produkte. Der Multi-Asset-Trend, den wir schon die letzten Jahre beobachten konnten, wird jetzt verstärkt durch Asset-Allocation-Angebote, die nicht zwingend in einem Fondsmantel stecken müssen. Der Trend geht also nicht unbedingt Richtung Multi-Asset-Fonds, sondern allgemein Richtung Vermögensverwaltungs-Lösungen.

Viele Branchenbeobachter rechnen wegen Mifid II damit, dass sich insbesondere im Bankenvertrieb der Trend Richtung "Preferred Partnerships" verstärkt. Können Sie dem zustimmen?

Vogl: Ja, wir beobachten, dass die Vertriebe in der Tendenz mit weniger Produktpartnern zusammenarbeiten als früher. Und immer öfter wird die Frage gestellt, ob ein Partner in der Lage ist, nachhaltig mehr zu liefern als nur Produkte. Gefragt wird dann nach Tools und Services – beispielsweise ob jemand in der Lage ist, mit seiner IT die Vermögensverwaltung technisch zu unterstützen. Es geht also um eine stärkere Verzahnung zwischen Vertrieb und Produktanbietern. Das führt dann automatisch zu einer geringeren Anzahl an Partnern.

Mit wie vielen Partnern werden die großen Vertriebe letztlich zusammenarbeiten?

Vogl: Es ist zu früh, um hier eine finale Aussage zu treffen. Klar ist aber, dass es in vielen Fällen eine Konzentration auf einige Hauptpartner geben wird. Die Fragen heute sind: Welche Services könnt Ihr für uns entwickeln? Könnt Ihr uns helfen, die Qualität unserer Dienstleistung zu verbessern? Bietet Ihr uns Schulungen an? Habt Ihr digitale Schulungen und Tests, bei denen der Berater hinterher zurecht sagen kann, dass er qualifiziert ist – das geht dann schon Richtung Zertifizierung. Diese Fragestellungen ergeben sich durch Mifid II. Da sehen wir uns aufgrund der Erfahrungen, die wir aus der Partnerschaft mit der Hypovereinsbank haben, gut aufgestellt. Solche Lösungen liegen auch in der DNA von Amundi, schon wegen der langjährigen Zusammenarbeit mit der Crédit Agricole und der Société Générale in Frankreich. Amundi beherrscht die Themen "Retail" und "Services" schon sehr gut!

Ist bereits absehbar, mit welchen Partnern Ihr Haus ähnlich eng kooperieren wird wie mit der Hypovereinsbank?

Vogl: In anderen europäischen Ländern schon, hier ist Amundi zum Beispiel Partnerschaften mit Crelan in Belgien und Komercni Banka in Tschechien eingegangen. In Deutschland arbeiten wir noch daran. Es ist eines unserer strategischen Ziele, in Deutschland noch weitere interessante Partnerschaften zu etablieren.

Ein Nebeneffekt der Übernahme durch Amundi war, dass der in Deutschland etablierte Name Pioneer Investments weggefallen ist. Was tun Sie, um die hierzulande noch recht schwache Marke Amundi zu etablieren?

Vogl: Wir haben hier schon viel unternommen. Beispielsweise klassisch über Werbung im "Out of Home"-Bereich, etwa an Bus- und Tram-Stationen in der Münchener Innenstadt oder am Flughafen. Dazu gehören auch klassische Printanzeigen und Veranstaltungen. Da haben wir schon einiges investiert. Wir messen auch den Erfolg. So konnten wir sehen, dass in den vergangenen zwölf Monaten bereits ein deutlicher Sprung in der Markenbekanntheit erzielt wurde. Auf diesem Weg machen wir weiter.

Welche Ihrer Produkte sind im Retail-Bereich derzeit besonders gefragt?

Vogl: Das Multi-Asset-Thema läuft nach wie vor gut. Das ist einfach die richtige Antwort auf die hohe Zahl von wenig finanzaffinen Sparern, die sich nun langsam dem Markt nähern. Für Kunden mit Interesse an Trends und globalen Zusammenhängen gibt es auf der anderen Seite auch die thematischen Investments.

Welche werden da derzeit nachgefragt?

Vogl: Mit Nettomittelzuflüssen von 1,21 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2018 wäre da zum Beispiel der Amundi Funds II European Equity Value zu nennen, der auch weiterhin interessant bleibt. Nachgefragt werden derzeit zudem die Fonds unserer Schwestergesellschaft CPR, beispielsweise der CPR Invest - Global Disruptive Opportunities, der vom Erfolg disruptiver Geschäftsmodelle profitieren soll, oder der CPR Invest - Global Silver Age, der auf dem demografischen Trend der Bevölkerungsalterung aufsetzt. Ins Bild passen auch der CPR Invest - Global Food for Generations und andere Fonds mit nachhaltigem Investmentansatz. Diese Themenbereiche kommen besonders bei den jüngeren Leuten gut an. Für die ältere Generation spielt das Thema laufende Erträge, also Income, eine zunehmende Rolle. Hier bieten wir Produkte für die Endsparphase an, sozusagen als Zinsersatz. Ein Beispiel ist unsere Target-Income-Familie oder der Amundi Funds II - Global Aggregate Bond. Wir sehen mehr und mehr den Bedarf, aus dem angesparten Vermögen eine Ergänzung zur Rente zu erhalten. In Italien haben wir diese Fonds teilweise schon auf vierteljährliche Ausschüttungen umgestellt. Für die Portfoliomanager sind solche Fonds eine ganz neue Herausforderung: Ihr primäres Ziel lautet plötzlich nicht mehr, einen Vergleichsindex zu schlagen, sondern eine bestimmte Ausschüttung zu erwirtschaften – und gleichzeitig die Risiken unter Kontrolle zu halten.

Welche Amundi-Fonds haben Ihrer Meinung nach das Potenzial, in diesem und im kommenden Jahr zum Absatzschlager in Deutschland zu werden?

Vogl: Das werden die Income-, Multi-Asset- und Themenfonds bleiben. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass wir eine Renaissance der flexiblen Fixed-Income-Produkte sehen werden – für die konservativen Sparer, die Ausschüttungen benötigen. Zehnjährige US-Staatsanleihen werfen jetzt schon wieder drei Prozent Rendite ab, und im kommenden Jahr könnte auch die EZB beginnen, die Zinsen zu erhöhen. Mit Anleihen lässt sich also langsam wieder Geld verdienen. Etwa für das vierte Quartal 2019 halte ich eine erhöhte Nachfrage nach flexiblen Fixed-Income-Produkten für wahrscheinlich.

Aus ihren Fonds der "Vermögensdepot"-Serie, die über die HVB vertrieben werden, fließt seit geraumer Zeit viel Geld ab – allein im ersten Halbjahr 2018 waren es laut BVI-Statistik gut 760 Millionen Euro (FONDS professionell ONLINE berichtete). Wie stark schmerzen diese Abflüsse? Werden sie durch andere Zuflüsse aus dem HVB-Kanal kompensiert?

Vogl: Natürlich schmerzen die Abflüsse bei den "Vermögensdepot"-Fonds, insbesondere in dieser Größenordnung. Es handelt sich dabei um ein ehemaliges Flaggschiffprodukt, das seinen Zyklus hat, wie viele Produkte. Die "Vermögensdepot"-Fonds sind sehr konservativ, und Absicherungen kosten nun einmal Rendite. Das ist insbesondere dann spürbar, wenn alle Märkte vermeintlich laufen. Es gibt Investmentlösungen, die in der jetzigen Marktphase stärker nachgefragt werden. Auf starkes Interesse stoßen dabei insbesondere unsere CPR-Multi-Asset-Fonds und das auch außerhalb des HVB-Kanals. Diese Fonds werden insgesamt dynamischer gesteuert und können so aktiver und flexibler auf Marktveränderungen reagieren.

Im Frühjahr hat Nils Hemmer, der Leiter des Drittvertriebs in Deutschland, Amundi verlassen. Sein Nachfolger Andreas Steinert, der seit Anfang August am Start ist, hat noch keine Erfahrung im Asset-Management-Vertrieb. Was qualifiziert ihn für diesen Job?

Vogl: Herr Steinert ist ein sehr erfahrener Vertriebs- und Marketingmanager aus dem Versicherungsbereich. So weit weg sehe ich den Versicherungsvertrieb nicht vom Asset-Management-Vertrieb. Des Weiteren hat Herr Steinert internationale Kundenerfahrung, denn er hatte bei Allianz und Generali über viele Jahre eine internationale Karriere. Er ist also gewohnt, in komplexen Umfeldern zu arbeiten und kann Vertrieb und Marketing managen. Die Feinheiten des Fondsgeschäfts kriegt er sicher hin!

Ist schon klar, welche Schwerpunkte er im Drittvertrieb setzen wird?

Vogl: Wir geben ihm – wie jedem anderen Mitarbeiter auch – die ersten 100 Tage. Ich freue mich auf seinen frischen Blick von außen. Das ist immer besonders spannend, wenn jemand nicht eins zu eins aus demselben Fahrwasser kommt.

Vielen Dank für das Gespräch. (ad)