Fachkräfte werden in Deutschland in Zukunft Mangelware. Dieses Phänomen wird auch die Finanzbranche treffen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Zeb. Demnach werden allein durch Verrentung die Institute bis zum Jahr 2030 im Durchschnitt deutlich über 30 Prozent ihrer Mitarbeiter verlieren.

Bei den deutschen Genossenschaftsbanken, Sparkassen und Versicherungen liege der Altersdurchschnitt bereits bei mehr als 47 Jahren. "Der Fachkräftemangel verläuft daher nicht linear, sondern wird sich von Jahr zu Jahr beschleunigen", merken die Studienautoren Christina Block und Christian von Schirach an. Dabei gehe es nicht allein um Kapazitäten. Auch das Expertenwissen werde den Geldhäusern abhandenkommen. Entsprechend werde die persönlichen Kundenbeziehung und damit ein wesentliches Element der Kundenbindung verloren gehen, warnen die Zeb-Experten.

Fluktuation nimmt zu
Diese Zahlen würden noch nicht einmal die Fluktuation berücksichtigen. Finanzdienstleister hätten in der Vergangenheit oftmals eine niedrige Rate an Mitarbeiterwechseln als Belastung ihrer Veränderungsfähigkeit wahrgenommen. "Aber das Blatt wendet sich spürbar", so die Autoren. Bei den meisten Finanzdienstleistern ziehe die Fluktuation im Sinne von Kündigungen durch die Arbeitnehmer bereits an. "Statt ein bis zwei Prozent sehen wir aktuell teilweise schon Werte von vier Prozent", schreiben Block und von Schirach.

Die Personalabteilungen stünden vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktentwicklung "absehbar mit dem Rücken zur Wand", so die Zeb-Berater. Selbst wenn es den Unternehmen gelinge, die in Ruhestand gehende Belegschaft durch junge Mitarbeiter zu ersetzen, werde sich dies erheblich auf die Fluktuation auswirken. Denn diese liege in den letzten Berufsjahren bei rund einem Prozent gegenüber einer Fluktuation von nahezu zehn Prozent bei Mitarbeitern in ihren ersten acht Berufsjahren. "Steigende Fluktuation kann das Fass zum Überlaufen bringen", mahnen die Branchenkenner.

"Sehr optimistische Prognosen"
Zwar ließe sich durch eine zunehmende Digitalisierung die Produktivität steigern und somit die schwindende Mitarbeiterzahl ausgleichen. "Aber die Vergangenheit hat bewiesen, dass die oftmals sehr optimistischen Prognosen zur Wirkung der Digitalisierung auf die Produktivität nicht eingetroffen sind", wendet das Duo ein. "Insgesamt fällt damit die Bedeutung der Produktivitätssteigerung zumindest deutlich gedämpfter aus als erwartet." Um dem Risiko des Fachkräftemangels entgegenzuwirken, stünden somit die Hebel Personalgewinnung, Personalbindung und Personalentwicklung im Fokus, so die Zeb-Experten. (ert)