Nach Ansicht der Kölner Ratingagentur Assekurata haben sich die Aussichten für Lebensversicherer zuletzt etwas aufgehellt. Dazu tragen die hohen Solvenzquoten, solide Neugeschäftsbeiträge und die veränderten Modalitäten bei der Bildung der Zinszusatzreserve (ZZR) maßgeblich bei. Das sind die Kernaussagen des aktuellen Marktausblicks zur Versicherungswirtschaft, den Assekurata erstellt hat.

Demnach hat der Gesetzgeber mit Einführung der sogenannten Korridormethode für die Berechnung der ZZR neue Fakten geschaffen und den Anbietern zugleich eine Planungsperspektive eröffnet (Details zur neuen Berechnungsmethode finden Sie hier bei FONDS professionell ONLINE). Der Grund: Bei Anwendung dieser Methode verringern sich die erforderlichen Rückstellungen für den seit 2011 vorgeschriebene Kapitalpuffer für Zahlungsverpflichtungen aus älteren hochverzinsten Lebenspolicen. Die Versicherer müssen also weniger Kapital aufbringen oder an den Märkten verdienen. "Ein großer Vorteil der Korridormethode ist der Aspekt, dass die ZZR nunmehr größtenteils aus laufenden Erträgen finanziert werden kann und die Bewertungsreserven geschont werden", erklärt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata.

Dennoch weiterer Aufbau der ZZR
Trotz der geänderten Modalitäten werden die meisten Versicherer aber in den kommenden Jahren weitere Zuführungen zur ZZR leisten müssen. "Für 2019 rechnen wir in Anbetracht des abermals gesunkenen Zinsniveaus derzeit mit einer Netto-Zuführung von neun Milliarden Euro", konkretisiert Heermann. "Insgesamt wird die Branche bei anhaltendem Niedrigzins bis zum Jahr 2024 einen ZZR-Bestand von knapp 100 Milliarden Euro aufbauen, gegenüber mehr als 150 Milliarden Euro nach bisheriger Methodik." 

Assekurata geht ferner davon aus, dass auf Branchenebene ab 2025 ein ZZR-Abbau zu erkennen sein wird. Zwischen den einzelnen Lebensversicherern bestehen hier allerdings große Unterschiede. Einige Anbieter, insbesondere solche mit hohen Beständen an der älteren Rechnungszinsgeneration von 3,5 und vier Prozent, hätten ihren ZZR-Bedarf bereits weitgehend ausfinanziert. Andere müssten hingegen noch über viele Jahre zusätzliche Mittel in die ZZR einfließen lassen. Dies betreffe vor allem Lebensversicherer, die nach der Jahrtausendwende große Neugeschäftsvolumina bei Rentenversicherungen mit Garantiezins ab 3,25 Prozent abwärts vereinnahmen konnten. Diese ziehen im Niedrigzinsumfeld nicht zuletzt aufgrund ihrer langen Laufzeiten einen beträchtlichen ZZR-Aufbau nach sich. Das werde auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Höhe des Rohüberschusses und die Überschussbeteiligung der Versicherten haben.

Erträge der Versicherer gehen weiter runter
Mit Blick auf die Kapitalanlagerenditen der Versicherer geht die Kölner Gesellschaft davon aus, dass die Nettoverzinsung für die Lebenspolicen weiter sinken wird. Ein wesentlicher Grund sei, dass die außerordentlichen Erträge aus der Auflösung von Bewertungsreserven, die aus älteren und damit höher verzinsten Anleihen bestehen, an Relevanz verlieren. Zudem habe sich, verglichen mit 2011, die laufende Durchschnittsverzinsung aus den Kapitalanlagen marktweit um rund einen Prozentpunkt verringert und rangiert derzeit nahe der Drei-Prozent-Marke. 

Neben diesen Aspekten äußert sich Assekurata in seinem Marktausblick zu weiteren Branchenthemen. Hierzu gehört das Wachstumsumfeld der Lebensversicherer. Letzteres sehen die Asssekurata-Analysten zumindest kurzfristig verbessert und prognostizieren für das Neugeschäft 2019 im Vorjahresvergleich eine zehnprozentige Erhöhung (2018: plus vier Prozent). Als Hauptbelastungsfaktor sieht Assekurata weiterhin das äußerst schwierige Zinsumfeld, das sich im laufenden Jahr nochmals verschärft hat, wodurch zugleich der Druck auf die Produkt- und Kostenstrukturen hoch bleibt. Mit Blick auf Solvency II weisen per Ende 2018 viele Anbieter hohe Solvenzquoten auf, auch im europäischen Vergleich. Allerdings leiden die Solvenzquoten ebenfalls stark unter dem jüngsten Zinsverfall. (jb)