Mit den Multi-Asset-Fonds der Opportunities-Serie feierte das Fondshaus Bantleon Erfolge – auch im Retailvertrieb. Dann gerieten die Portfolios ins Hintertreffen. Gründer Jörg Bantleon versuchte daraufhin, das Haus in verschiedene Richtungen neu aufzustellen. Nun wagen sich die Hannoveraner wieder ins Geschäft mit Privatkunden vor. Dieses baut Christoph Schwarzmann vom Standort München aus wieder auf. Er war 2020 von Amundi zu Bantleon gestoßen.


Herr Schwarzmann, die vergangenen Jahre war Ihr Haus weniger umtriebig im Retailvertrieb. Was war da los?

Christoph Schwarzmann: Bantleon hatte sich etwas zurückgezogen und neu aufgestellt. Nach sehr guten Jahren hatten die Fonds der Opportunities-Reihe, die im Privatkundengeschäft eine sehr große Rolle spielten, mit dem Marktumfeld zu kämpfen und fielen zurück. Die "Whatever it takes"-Politik der EZB hatte die Finanzmärkte von der konjunkturellen Entwicklung zeitweise entkoppelt, was für die Konjunkturmodelle zunächst nur schwer zu greifen war. Die Geschäftsleitung von Bantleon überlegte daher: Was braucht es, um im Privatkundengeschäft wieder attraktiver zu sein?

Was kam dabei heraus?

Zum einen wurden die quantitativen Modelle der Opportunities-Reihe überarbeitet und die Strategien angepasst. Seitdem liefern die – unverändert konservativen – Produkte wieder gute Ergebnisse. Zudem entschloss Bantleon sich mit Blick auf das veränderte Kapitalmarktumfeld, insbesondere thematische und alternative Aktienstrategien aufzubauen. Dafür investierten Firmengründer Jörg Bantleon und das Unternehmen Bantleon Startkapital in diese Strategien. Inzwischen haben sie sich am Markt bewiesen und eine Historie aufgebaut. Die Überarbeitung der Produktpalette ist damit weitgehend abgeschlossen und wir fühlen uns gut dafür gerüstet, wieder an ein breiteres Publikum heranzutreten.

Welche Strategien finden sich neu im Sortiment?

Bantleon erweiterte das Angebot um spezifische Nischenstrategien die Zukunftsthemen wie Inflationsschutz, Substanz, Nachhaltigkeit oder auch unabhängige Erträge abdecken. Auf den nächsten Fonds auf europäische Standardwerte hat niemand gewartet, erst recht nicht von uns. Eine der Besonderheiten ist der Bantleon Changing World. Er greift als nachhaltiger Multi-Asset-Fonds Themen einer Welt auf, die im Wandel begriffen ist. Er investiert in die vier Megatrends erneuerbare Energien, digitale Infrastruktur, intelligente Städte und Mobilität der Zukunft sowie digitale Disruptoren.

Das hört sich nach einem der üblichen Themenfonds an.

Bei thematischen Fonds handelt es sich aber meist um reine Aktienfonds. Ein nachhaltiger Multi-Asset-Ansatz ist neu und stößt auf Interesse, zumal sich unter den größten Titeln im Portfolio nicht die üblichen Verdächtigen finden. Und er verzichtet übrigens auch nicht auf Anleihen, sondern investiert auch hier sehr erfolgreich in Themen wie inflationsindexierte Anleihen und Green Bonds. Ergänzt wird die Strategie durch eine Beimischung nachhaltig gewonnener Edelmetalle.

Welche Strategien kamen noch hinzu?

Da wäre einmal der Bantleon Select Infrastructure. Dieser ist eine moderne Interpretation des Themas Infrastruktur, da er hierbei ernsthaft den ESG-Gedanken umsetzt. Zudem kam eine Event-Driven-Strategie hinzu, die zwar Erträge aus Aktien liefert, jedoch das allgemeine Aktienrisiko um bis zu 85 Prozent reduziert. Ein weiterer Fonds setzt auf Nachranganleihen.

Auch da ist er nicht der erste.

Die Besonderheit hier ist: Er schließt Finanzdienstleister aus und konzentriert sich auf Emittenten aus dem bonitätsstarken Bereich. Die Nische der Nachranganleihen wirkt zunächst riskanter. Das gilt aber nicht, wenn man sich auf Unternehmen mit Investment-Grade-Rating konzentriert. Deren Nachranganleihen haben eine deutlich höhere Rendite als konventionelle Anleihen, ihr Ausfallrisiko bleibt aber dennoch vergleichsweise gering. Zudem starteten wir einen Managed-Futures-Fonds, der unkorreliert zu den Märkten läuft und sich besonders in Krisenzeiten bewährt hat. So lieferte er sowohl im Corona-Crash im März 2020 als auch während der aktuellen Ukraine-Krise eine positive Performance ab.

Taugen solche Spezialitäten für den Retailvertrieb?

Durchaus, das Interesse ist groß. Unter Banken, Vermögensverwaltern sowie Family Offices, aber auch teilweise bei unabhängigen Vermittlern stoßen beide Liquid-Alternatives-Strategien auf Interesse. Ich kaufe mir ja auch ein Auto, ohne jedes kleinste Detail der Motortechnik verstanden zu haben. Ich bin zufrieden, solange das Auto das bietet, wofür es konzipiert ist.

Stoßen Sie nach der Abstinenz vom Retailmarkt auf Vorbehalte?

Praktisch gar nicht. Die Marke Bantleon hat nach wie vor einen sehr guten Ruf. Die Volkswirte zählen mit ihren Prognosen zu den besten ihrer Zunft. Dass die Opportunities-Fonds eine schwere Zeit hatten, können die meisten Kunden nachvollziehen. Zudem war Bantleon ja nicht völlig abgetaucht. Das Haus hatte nur seinen Fokus auf das institutionelle Geschäft gerichtet. Wir kehren jetzt auch nicht in den Retailmarkt zurück, weil hier höhere Margen locken, sondern weil wir davon überzeugt sind, die richtigen Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft zu haben. Alle unsere Fonds erfüllen die hohen Anforderungen institutioneller Anleger und sind damit auch gut für sicherheitsbewusste Privatanleger geeignet.

Stellten Sie für den Retailvertrieb auch eigens Mitarbeiter ein?

Ja. Mitte 2021 stieß Patrick Schiller dazu, der von München aus den Vertrieb für den Bereich Süd übernahm. Zum Jahreswechsel übernahm Alexander Fiene den Vertrieb in der Region Nord und Ost. Er sitzt in Hannover. Zudem übernahm Simone Kleinfeld das Vertriebsmanagement. Perspektivisch möchte ich noch jemanden für die Region Mitte einstellen.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)