Die größten Vermögensverwalter der Welt sind weit davon entfernt, ihre selbstgesetzten Netto-Null-Ziele für 2050 zu erfüllen. So das enttäuschende Ergebnis einer breit angelegten Studie des Londoner Think Tanks Finance Map. Die Analyse zeigt nicht nur, dass die weltweit größten Vermögensverwalter ihre Klimabilanz in den letzten zwei Jahren nicht verbessert haben, in einigen Fällen haben sich positive Trends sogar umgekehrt, obwohl die meisten Marktakteure sich durch Initiativen wie die Net Zero Asset Managers Alliance (NZAM) Netto-Null-Ziele bis 2050 gesetzt haben.

Der Finance-Map-Bericht mit dem Titel "Asset Managers and Climate Change 2023" bewertet 45 der größten Vermögensverwaltungsgesellschaften anhand von drei Kriterien: Analyse des Aktienportfolios, Steuerung der Unternehmen, in die investiert wird, und Engagement für eine nachhaltige Finanzpolitik. Die vollständigen Ergebnisse für jeden Vermögensverwalter sind auf der Internetseite des Think Tanks verfügbar.

Viel "talk the talk", aber so gut wie kein "walk the walk"
"Die Daten zeigen, dass die meisten Vermögensverwalter zwar große Reden schwingen, aber nicht zur Tat schreiten, wenn es darum geht, ihren Einfluss zu nutzen, um echte Veränderungen in den Unternehmen, in die sie investieren, und in der nachhaltigen Finanzpolitik voranzutreiben", erklärt dazu Finance-Map-Experte Daan Van Acker. Seit dem Finance-Map-Bericht 2021 seien die Portfolios der Vermögensverwalter immer noch nicht auf deren eigene Netto-Null-Ziele ausgerichtet, die Bemühungen um die Verbesserung von Umweltbedingungen würden stagnieren, und eine wirksame nachhaltige Finanzpolitik werde nicht unterstützt.

Zentrale Ergebnisse des diesjährigen Berichts:

  • Die Portfolios der 45 größten Vermögensverwalter der Welt, die zusammen ein Vermögen von 72 Billionen US-Dollar verwalten, sind weiterhin in hohem Maße nicht mit den Zielen des Pariser Abkommens vereinbar. Von den untersuchten Aktienfonds-Portfolios sind 95 Prozent nicht mit dem IEA-Szenario "Netto-Null-Emissionen bis 2050" vereinbar.
  • Insgesamt halten die Vermögensverwalter in der untersuchten Stichprobe 2,8 Mal mehr Aktienwerte in Unternehmen, die fossile Brennstoffe produzieren, als in grünen Investitionen. Grüne Investitionen hat Finance Map auf der Grundlage der EU-Taxonomie und von "Bloomberg"-Daten identifiziert.
  • Die Zahl der Vermögensverwalter auf der Stewardship-A-Liste, also diejenigen, die wirklich ehrgeizige und wirksame Klima-Stewardship-Praktiken im Vergleich zur Best Practice anwenden, ist seit 2021 um 45 Prozent zurückgegangen.
  • Während die US-Vermögensverwalter schon immer hinter ihren europäischen Konkurrenten zurückgeblieben sind, scheinen amerikanische Asset Manager in diesem Jahr ihre Ambitionen in Bezug auf ihre Klimabotschaften, ihr Engagement in den Unternehmen und ihre Beschlussfassung noch weiter zurückgeschraubt zu haben. Diese Verschiebung erfolgte inmitten eines "Anti-ESG"-Trends in mehr als 15 bundesstaatlichen Gesetzgebungen.
  • Europäische Vermögensverwalter stehen an der Spitze der Rangliste, wenn es darum geht, sich bei den Unternehmen, in die sie investieren, für den Klimaschutz einzusetzen. Legal & General Investment Management (A+) und die Vermögensverwaltungssparten von BNP Paribas (A) und UBS (A) erhielten alle die Note A. Die Portfolios von Natixis und Schroders erhielten die höchsten Paris-Alignment-Bewertungen, während BNP Paribas Asset Management ein 2,7 Mal höheres Engagement in grünen Investitionen aufweist als der durchschnittliche Vermögensverwalter in der bewerteten Aktienfonds-Stichprobe.
  • In den USA verzeichnete Blackrock einen Rückgang seiner Stewardship-Bewertung (C gegenüber B im Jahr 2021). Damit liegt das Unternehmen im Mittelfeld seiner schlecht bewerteten US-Konkurrenten Vanguard (D+), Fidelity Investments (E+) und State Street Global Advisors (C+). Bemerkenswert ist, dass Blackrock seine Forderungen nach einer Umstellung der Geschäftsmodelle zurückgeschraubt hat, während Fidelity Investments weiterhin der am wenigsten aktive Manager bei der Verwaltung von Unternehmen in der gesamten Bewertung ist.
  • Die Unterstützung für klimapositive Aktionärsanträge ging 2022 deutlich zurück: Der durchschnittliche Vermögensverwalter unterstützte nur 50 Prozent solcher Anträge, verglichen mit 61 Prozent im Jahr 2021. Insbesondere Vermögensverwalter mit Sitz in den USA stimmten im vergangenen Jahr gegen einen Großteil der klimabezogenen Beschlüsse, wobei der durchschnittliche US-Vermögensverwalter nur 36 Prozent der Klimabeschlüsse unterstützte, verglichen mit 50 Prozent im Jahr 2021.

Daan Van Acker zieht als ernüchterndes Fazit: "Obwohl die Vermögensverwalter die Bedeutung einer nachhaltigen Finanzpolitik in den Vordergrund stellen, nutzen sie ihren politischen Einfluss nicht, um ambitionierte politische Prozesse in Europa und den USA zu unterstützen." (hh)