Die gescheiterte Regierungsbildung in Italien dürfte die Sorge um den Zusammenhalt der Eurozone neu aufflammen lassen, sagt Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie beim Finanzdienstleister Blackrock. An Italien könnte sich seiner Ansicht nach gar die Zukunft des Euro entscheiden. Denn im Unterschied zu Griechenland, an dessen Situation im Jahr 2015 die Situation in Italien auf erschreckende Weise erinnert, ist Italiens Bruttoinlandsprodukt (BIP) fast zehnmal so groß, der Schuldenstand entspricht mehr als dem Siebenfachen Griechenlands. "Damit ist das Land und sein aus den 80er und 90er Jahren stammender Schuldenberg zu groß für jeden Rettungsschirm", sagt Lück. 

Besonders unerfreulich ist aus Sicht des Kapitalmarktstrategen, dass es keine Alternative zum Status Quo in Italien gibt. Die offene Konfrontation zwischen dem italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella und den auf eine Regierungsbildung drängenden Wahlsiegern birgt zudem das Risiko einer Schwächung der staatstragenden Institution bis hin zur Verfassungskrise. "Die Alternative mit einem Finanzminister Paolo Savona hätte ein schlagartiges Wiederaufleben der Eurokrise provoziert, der streitbare Professor hatte den Plan für Italiens Austritt aus dem Euro bereits fertig in der Schublade liegen", sagt Lück. Genau dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, warum ihn der Präsident um jeden Preis verhindern wollte.

Luft für Aktien wird dünner
Dass es mit einer weiteren Vertiefung der Eurozone mau aussieht, zeigt sich auch hierzulande. "Wieder einmal fegte letzte Woche ein Aufruf von 154 Wirtschaftsprofessoren Emmanuel Macrons Vorschläge zur tieferen Integration vom Tisch", sagt Lück. Lieber gar kein Europa als eine Transferunion, lautete die Botschaft.

Für Anleger bedeuten die jüngsten Entwicklungen auf dem politischen Parkett, dass sie sich für 2018 mit mehr Risiko anfreunden müssen, als es noch zu Jahresbeginn den Anschein hatte. Zusätzlich steuert die US-amerikanische Notenbank Fed auf den nächsten Zinsschritt am 13. Juni hin und sorgt damit für weitere Unsicherheit. Für September rechnet Lück mit einer weiteren Erhöhung. "Sollte sich zusätzlich die Italexit-Furcht verfestigen, könnte es für höhere Aktienbewertungen in der zweiten Jahreshälfte eng werden." (fp)