Kahlschlag bei der Commerzbank: Im Zuge des Umbaus der renditeschwachen Bank verliert in den nächsten vier Jahren jeder fünfte Mitarbeiter den Arbeitsplatz. In konkreten Zahlen sieht die Strategie "Commerzbank 4.0" die Streichung von 9.600 der 45.000 Vollzeitstellen vor. Der Vorstand der zweitgrößten deutschen Bank um Martin Zielke stellte dem Aufsichtsrat am Donnerstag die Pläne vor, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Der Abbau wird auch die Filialen treffen, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ). Diese bezieht sich auf Arbeitnehmerkreise, denen zufolge ein Stellenabbau in der angekündigten Größenordnung nicht ohne Streichungen bei Filialen möglich sei. Details, ob Geschäftstellen komplett geschlossen werden sollen oder nur das Personal ausgedünnt wird, nannte die FAZ nicht. Bislang hatte Commerzbank-Chef Zielke aber immer betont, dass er am Filialnetz nicht rütteln und sich damit vom Konkurrenten Deutsche Bank unterschieden wolle.

In sogenannten zukunftsträchtigen Bereichen sollen zugleich 2.300 Arbeitsplätze entstehen, so Reuters. Das Investmentbanking wird wiederum weiter verkleinert und mit dem Firmenkundengeschäft zusammengelegt, aus vier Sparten werden so zwei. Die Restrukturierung werde 1,1 Milliarden Euro kosten, erklärte die Bank. Dafür müssen die Aktionäre bis auf Weiteres auf eine Dividende verzichten.

Bescheidenheit kehrt ein
Die Ertrags- und Rendite-Ziele bleiben angesichts der Dauer-Niedrigzinsen bescheiden. Bei anhaltenden Niedrigzinsen sei nur eine Eigenkapitalrendite von sechs Prozent erreichbar. Die neue Nüchternheit beeindruckte Börsianer nicht, die Commerzbank-Aktie rauscht weiter talwärts.

In einem Brief Zielkes an die Mitarbeiter, dessen Entwurf versehentlich schon am Donnerstag im Intranet der Bank landete und der Reuters vorliegt, malt er ein düsteres Bild: "Das Wichtigste, was wir uns 2012 vorgenommen haben, haben wir noch nicht erreicht. Wir verdienen einfach nicht genug Geld, um die Bank dauerhaft mit Erfolg in die Zukunft zu führen." Zinssenkungen hätten die Lage noch verschärft. Schnelle Antworten seien gefragt. "Abwarten ist keine Lösung! Wir müssen dringend selbst tätig werden, um die Bank deutlich profitabler zu machen."

Digitalisierung als Ausweg aus Miesere
Kern der Strategie sind eine Konzentration aufs Kerngeschäft und die Digitalisierung der ganzen Bank. Ziel sei "ein digitales Geschäftsmodell, aber mit einer persönlichen Note" - denn an den Filialen will Zielke festhalten. Die verstärkte Computerisierung will die Bank sich bis 2020 rund zwei Milliarden Euro kosten lassen – mehr als die Deutsche Bank, die im gleichen Zeitraum 750 Millionen Euro in die IT investiert. Auch die größte deutsche Bank streicht 9.000 Arbeitsplätze, bei einer gut doppelt so großen Belegschaft.

Als Kerngeschäft sieht Zielke zum einen die zwölf Millionen Privatkunden, denen künftig auch kleinere Unternehmer zugeordnet werden sollen – wie bei der Deutschen Bank. Zum "Firmenkunden"-Segment gehören künftig die größeren Unternehmen und die bisherige Investmentbank. Sie soll den Handel drosseln, der viel Eigenkapital kostet und schwankende Ergebnisse liefert. Das Geld will die Commerzbank lieber ins Kerngeschäft umleiten. Damit soll die Eigenkapitaldecke von 11,5 auf 13 Prozent wachsen. Die Erträge will Zielke auch mit einer geschrumpften Investmentbank auf 9,8 bis 10,3 Milliarden Euro steigern. Für das laufende Jahr trauten Analysten der Bank knapp neun Milliarden zu.

Gewerkschaft fordert: Kündigungsdrohungen müssen vom Tisch!
Derweil kündigte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi heftigen Widerstand gegen das personelle Streichkonzert an: "Der Commerzbank-Vorstand muss jetzt aufzeigen, dass sich die anhaltende Niedrigzinsphase, Digitalisierung und Regulierung nicht zu einem gefährlichen Giftcocktail für gut qualifizierte Bankbeschäftigte entwickeln", wetterte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christoph Meister. (jb)