Wer soll rein, wer fliegt raus?  Die Deutsche Börse plant, die Aufnahme- respektive Ausschlusskriterien für deutschen Leitindex Dax sowie die übrigen Barometer MDax, SDax und TecDax zu reformieren. Qontigo, die Index- und Analytiksparte der Deutsche-Börse-Gruppe, hat daher einer Pressemitteilung zufolge eine "Marktkonsultation" gestartet, in welcher Marktteilnehmer Stellung dazu nehmen sollen, welche der aktuell zur Debatte stehenden "erweiterten Qualitätskriterien" für sinnvoll erachtet werden.

Hintergrund des Schrittes sind die Nachwirkungen des Skandals um die Aktie des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard. Das Wertpapier konnte trotz des massiven Preissturzes von über 100 Euro auf zuletzt rund zwei Euro nach den damaligen Börsenregeln nicht sofort aus dem Dax genommen werden. Die Deutsche Börse beeilte sich zwar, ihr Regelwerk zu korrigieren. Aber erst zum 24. August fand der Austausch der Wirecard-Aktie statt.

Dax 40 statt Dax 30?
Laut der Pressemitteilung können Marktteilnehmer Stellung beziehen zu Qualitätskriterien wie einer "nachweislichen Profitabilität der Unternehmen" bei Aufnahme in den Dax oder die fristgerechte Vorlage von Quartalsberichten. Auch der generelle Ausschluss von Unternehmen, die mehr als zehn Prozent ihres Jahresumsatzes "mit kontroversen Waffen" erzielen, scheint den Indexoberen eine Überlegung wert zu sein. Ferner stellt die Deutsche Börse zur Diskussion, ob nur noch, wie international üblich, die sogenannte Free-Float-Marktkapitalisierung berücksichtigt und dafür das Kriterium Börsenumsätze gestrichen werden soll. Der wichtigste Punkt ist aber eine Ausweitung des Dax von aktuell 30 auf 40 Unternehmen. Die Zahl der in den anderen Indizes enthaltenen Aktien soll ebenfalls heraufgesetzt werden.

Genau letzteres fordern auch viele Experten wie, die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung"  (FAS) schreibt.  Die geringe Zahl von nur 30 Unternehmen gilt als die größte Schwäche des Dax. 30 Mitglieder würden nicht dem Grundgedanken einer guten Geldanlage entsprechen – der Streuung von Investments. Andere Indizes wie der britische FTSE100 zählen 100 Firmen, der amerikanische S&P500 kommt auf 500 Unternehmen und der Weltaktienindex MSCI World sogar auf rund 1.600.

Profianleger sähen gerne Dax 50
Der Effekt dieser Zusammenstellung ist der FAS zufolge immer der gleiche: Je mehr Firmen in einem Index enthalten sind, umso weniger schlägt er aus, wenn die Aktie mit dem höchsten Gewicht im Index an Wert verliert. Im MSCI World ist dies mit einem Gewicht von rund fünf Prozent die Apple-Aktie, im Dax dagegen streiten sich mit einem Anteil von rund zehn Prozent der Softwarekonzern SAP und das Gasunternehmen Linde um den Spitzenplatz.

"Wir sind für eine Vergrößerung des Dax. Mit einer Ausweitung würden die Indexgewichte der einzelnen Unternehmen verringert und der Dax würde weniger stark von den zehn größten Unternehmen dominiert", zitiert die Zeitung Portfoliomanager Jürgen Hackenberg von Union Investment. Die zur Diskussion gestellten 40, vielleicht auch 50 Dax-Werte wären vielen Profianlegern lieber. Jörg de Vries-Hippen, bei Allianz Global Investors für europäische Aktien verantwortlich, plädiert allerdings dafür, nicht zu viele Eingriffe vorzunehmen: "Je enger man die Kriterien fasst und je mehr Kriterien man sich aussucht, umso stärker läuft dies auf eine Bevormundung der Anleger heraus. Das fänden wir nicht gut", zitiert ihn die Zeitung. (jb/ps)