Im Handelssaal der Frankfurter Börse herrscht auf einen Schlag gespannte Stille. Ein Händler soll an diesem Freitagmorgen den ersten Preis für die Aktien der DWS ausrufen. Die Vorzeichen stehen schlecht: der Dax notiert mehr als ein Prozent im Minus, die Märkte in Asien starteten noch schlechter. Doch dann schallen zumindest ein paar verhaltene Freudenrufe auf: mit 32,55 Euro beginnt die Fondstochter der Deutschen Bank ihren ersten Tag auf dem Parkett. Das sind fünf Cent mehr als der Ausgabekurs, der am Abend zuvor mitgeteilt wurde. Sichtlich erleichtert schwingt DWS-Chef Nicolas Moreau die Eröffnungsglocke und läutet den Handel ein.

Auch wenn die Aktie im frühen Handel nachgibt und unter den Ausgabekurs fällt: "Projekt Orion" – wie der Börsengang innerhalb des größten deutschen Geldhauses genannt wird – ist geglückt. Damit erlöst die Deutsche Bank 1,4 Milliarden Euro aus dem Verkauf eines 22,25-Prozent-Anteils. Zum Ausgabekurs erhält der gesamte Fondsanbieter einen Wert von 6,5 Milliarden Euro – mit 6,4 Milliarden Euro steht die DWS in der Bilanz der Deutschen Bank. Das liegt am unteren Ende des Rahmens von sechs bis 7,2 Milliarden Euro. Zeitweilig war auch acht Milliarden Euro ins Spiel gebracht worden.

Somit erzielt das Geldhaus nur einen leichten Bewertungsgewinn von 100 Millionen Euro, der im ersten Quartal verbucht wird. Bankchef John Cryan will mit dem Erlös die Kapitalstärke des angeschlagenen Geldhauses aufpäppeln. Doch der Erlös reicht nicht einmal, um die Boni der Bank zu zahlen: mehr als zwei Milliarden Euro fielen dafür allein 2017 an.

Von Kursturbulenzen überschattet
Die DWS-Aktie soll Berichten zufolge zwar mehrfach überzeichnet gewesen sein. Für einen glatten Gang aufs Parkett gilt eine zweifache Überzeichnung als Mindestmaß, damit die begleitenden Banken die Papiere über alle Investoren ausreichend streuen können. Doch trotz der Überzeichnung schlug das Institut nicht den maximalen Anteil von 25 Prozent los. Die führende Konsortialbank waren übrigens die Frankfurter selbst.

Überschattet wurde die Erstnotiz vom eklatanten Kursrutsch der Mutter. In den vergangenen beiden Tagen sackte der Kurs der Deutschen Bank um mehr als zehn Prozent ab. Hintergrund ist die Warnung von Finanzvorstand James von Moltke vor Belastungen im Investmentbanking im ersten Quartal. Seine Aussagen auf einer Branchenkonferenz erweckten erneut Zweifel am Geschäftsmodell der Frankfurter. Bereits 2016 war Misstrauen an der Finanzkraft des Hauses aufgekeimt.

Kein Selbstläufer
Dass der Gang der Asset-Management-Sparte aufs Parkett kein Selbstläufer wird, zeichnete sich schon früh ab. Immerhin hatte sich Kritik an der Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) entzündet. Über dieses Konstrukt sichern sich die Manager den Einfluss auf die Fondstochter, selbst wenn sie weitere Aktien verkauft und ihre Anteil unter 50 Prozent fällt. Die Bank trachtete die Bedenken zwar zu zerstreuen und kündigte an, dass die KGaA in eine normale Aktiengesellschaft umgewandelt wird, sobald ihr Anteil unter 40 Prozent sinkt. Dennoch dürften Investoren einen Preisabschlag für die Einschränkung ihres Mitspracherechts gefordert haben.

Weiterhin keimte Kritik an der Rollenverteilung auf. So sitzt DWS-Chef Moreau auch künftig noch im Vorstand des Mutterhauses. Weiterhin übernimmt Vorstand Karl von Rohr den Aufsichtsratsvorsitz bei der DWS. Neben ihm rücken weitere Deutsche-Bank-Manager in das Kontrollgremium. Aktionärsschützer bezeichneten dies zum Teil als "Ämterhäufung". Obendrein war die Stimmung am Markt ob der Korrektur zum Jahresauftakt getrübt.

Ankeraktionäre bereiten den Boden
Immerhin konnte sich die Deutsche Bank auf die Nachfrage von zwei Ankeraktionären stützen. So übernahm der japanische Versicherer Nippon Life fünf Prozent der Anteile. Die DWS schloss zu-dem eine Partnerschaft mit den Japanern, die neues verwaltetes Vermögen in das Fondshaus spülen soll.

Zudem wollte das französische Investmenthaus Tikehau Capital Aktien im Volumen von 250 Milli-onen Euro, was einem Anteil von 3,8 Prozent entspricht, sofern die Franzosen bei der Vergabe der Papiere voll bedacht worden sind. Moreau will mit dem kleinen, auf alternative Investments spezialisierten Anbieter ebenfalls Kooperationsmöglichkeiten ausloten. Immerhin hatte er selbst den Bereich zum Wachstumsfeld auserkoren, wohl auch angesichts der üppigen Margen, die sich hier erzielen lassen.

Zeit für Emanzipation
Doch diese Beziehungen bergen auch Potenzial für Spannungen. So rückt mit Hiroshi Ozeki ein Nippon-Life-Vertreter in den Aufsichtsrat. Mit den Japanern knüpfen die Frankfurter aber zugleich eine Vertriebskooperation. Anlegerschützer kritisieren dies scharf. Denn nach ihren eigenen Investmentstandards würde die DWS einen Kontrolleur ablehnen, der geschäftliche Beziehungen zu einem anderen Unternehmen pflegt, lautet der Vorwurf. Die Fondsmanager der DWS müssten bei so einer Personalie Alarm schlagen. Das Haus halte sich also nicht an das, was es selbst predige, so die Kritiker.

Doch der Gang aufs Parkett könnte – trotz aller Kniffe der Mutter, ihre Kontrolle zu bewahren – der DWS tatsächlich etwas mehr Freiraum bescheren. Dies zeigte sich beim Handelsstart in Frankfurt: denn Moreau läutete zuerst allein die Glocke, holte dann zum zweiten Klingeln seine Finanzchefin Claire Peel hinzu. Deutsche-Bank-Chef John Cryan war hingegen nicht einmal auf dem Parkett in Frankfurt zugegen. (ert)