Die Fondsboutique H2O hat in einem Schreiben an ihre Kunden erstmals öffentlich dargelegt, wie hoch der Anteil der illiquiden Wertpapiere in jenen Fonds ist, welche die Gesellschaft vor kurzem eingefroren hat. Demnach rangiert die Spanne der schwer verkäuflichen Papiere beim H2O Adagio und dem H2O Moderato zwischen sieben und neun Prozent. Der Anteil variiert je nach Fonds und erreicht bis zu 30 Prozent beim H2O Multibonds und sogar bis zu 35 Prozent beim H2O Allegro.

Die Gesellschaft hatte vor einer Woche auf Geheiß der französischen Finanzaufsicht die Anteilsausgabe und -rücknahme bei insgesamt drei Fonds ausgesetzt. Darüber hinaus entschloss sich die Boutique dazu, vier weitere Publikumsfonds sowie einen Spezialfonds zuzusperren. Hintergrund des Schritts sind illiquide Papiere, die dem Umfeld des Finanziers Lars Windhorst zuzurechnen sind. H2O verwaltete per Ende Juni 2020 ein Vermögen von rund 22 Milliarden Euro.

Schwierige Wertermittlung
Als das Engagement des H2O-Gründers und Frontmanns Bruno Crastes bei den Windhorst-Unternehmen im Sommer 2019 bekannt wurde, zogen Anleger bis zu acht Milliarden Euro von dem Haus ab, das zum französischen Boutiquendach Natixis Investment Managers gehört. Crastes teilte daraufhin mit, die illiquiden Papiere würden teilweise verkauft und somit ihr Anteil in den Portfolios gesenkt. Daraufhin beruhigte sich die Lage.

Doch im Zuge des pandemiebedingten Kursverfalls an den Börsen verloren die H2O-Portfolios zum Teil deutlich an Wert. Im Zuge der Wertminderungen im liquiden Teil kletterte auch der Anteil der illiquiden Papiere in den H2O-Fonds. Aufgrund der Unsicherheiten bei der Bewertung dieser Papiere forderte die französische Finanzaufsicht dann vergangene Woche H2O auf, die Fonds zeitweilig zu schließen.

Verkäufe nie vollzogen
Formal gesehen liegt der Anteil der illiquiden Papiere bei allen Fonds allerdings unter der Zehn-Prozent-Schwelle. Diese stellt EU-Regeln zufolge die Obergrenze für illiquide Investments in Publikumsfonds dar. Denn H2O hat einen erheblichen Teil des Engagements über temporäre Kauf- und Rückkaufvereinbarungen ("buy and sell back") ausgegliedert. Der Grund: Die im Sommer 2019 von H2O angekündigten Wertpapierverkäufe konnten nie abgeschlossen werden, wie die Boutique in ihrem Schreiben nun einräumt. Stattdessen wurden diese in zeitweilige Kauf- und Rückkaufgeschäfte umgewandelt.

Mit dem zeitweiligen Einfrieren der Fonds werden die direkten Engagements in illiquide Wertpapiere sowie die "buy and sell back"-Geschäfte in sogenannten "Seitentaschen" der betroffenen Fonds ausgegliedert. Diese "Seitentaschen" sind ein erst kürzlich eingeführtes Instrument, das Anbieter von offenen Publikumsfonds zur Liquiditätssteuerung nutzen dürfen. In der Schließungsphase will H2O die liquiden Teile der Portfolios in neue Fonds überführen, während die nur schwer verkäuflichen Papiere sowie die Kauf- und Rückkaufgeschäfte in den alten Fonds verbleiben und Zug um Zug abgestoßen werden sollen.

Rücknahme verzögert
H2O hatte im Frühjahr mit Windhorst vereinbart, dass dieser seine Papiere zurückkauft. Dies sollte in zwei Schritten zum Juni 2020 sowie zum Juni 2021 erfolgen. Der Abschluss dieser Transaktion sei jedoch zum Teil "wegen Anforderungen an die Compliance und Due Diligence" verzögert worden, heißt es in dem Schreiben. Medienberichten zufolge hat Windhorst mehrere Großinvestoren gefunden, darunter angeblich namhafte deutsche Unternehmer, die den Rückkauf der Papiere finanzieren. (ert)