Die Analysten der Fondsratinggesellschaft Morningstar haben das sogenannte Parent-Rating für den Schweizer Asset Manager GAM auf "Low" herabgestuft. Das ist die schwächste Note in dem fünfstufigen Bewertungssystem. Das Parent-Rating untersucht die Unternehmenskultur und das Geschäftsgebaren eines Investmenthauses und fließt als Schlüsselkomponente in die Bewertung der einzelnen Fonds ein – dem sogenannten Morningstar Medalist Rating.

Bislang erhielten lediglich zwei andere Asset Manager so eine schlechte Note. Beide stammen aus den USA. Der Small-Cap-Aktienmanager Teton Advisors leidet nach einer verlustbringenden Übernahme unter starken Abflüssen und ringt ums Überleben. Die Gesellschaft Horizon Kinetics habe sich über gängige Risikomanagementpraktiken hinweggesetzt, so Morningstar.

Offerte torpediert
GAM ringt seit langer Zeit mit Problemen. Einen Tiefschlag erlitt das Haus im Jahr 2018. Fehler im Risikomanagement führten zur Suspendierung eines Portfoliomanagers und der Liquidation großer Fonds. Die Schwierigkeiten gipfelten darin, dass GAM händeringend einen Käufer suchte. Mit der britischen Boutique Liontrust schien ein Interessent gefunden zu sein. Die GAM-Führung empfahl dringend die Annahme des Kaufangebots.

Eine Gruppe aktivistischer Aktionäre unter Federführung des französischen Internetmilliardärs Xavier Niel torpedierte das Liontrust-Angebot und legte einen eigenen Sanierungsplan vor. Mit Einsparungen, einer Rationalisierung der Fondspalette sowie geringeren Vergütungen soll das Unternehmen in die Gewinnzone zurückkehren. Letztendlich lehnten die Aktionäre die Offerte von Liontrust ab. Damit blieb nur noch die Gruppe namens "NewGAMe" als Retter.

"Ergebnisse negativ beeinflussen"
Die Aktivisten wollen nun auf einer außerordentlichen Hauptversammlung, die für den 27. September geplant ist, eigene Kandidaten für den GAM-Verwaltungsrat und den Chefposten durchsetzen. Derweil ziehen Kunden anhaltend Geld aus den GAM-Fonds ab. Auch die Liquiditätsreserven des Unternehmens selbst schwinden. Newgame schießt zwar 20 Millionen Franken zu, doch GAM hatte im August einen weit höheren Finanzierungsbedarf angegeben.

Diese Gemengelage stimmt die Experten von Morningstar skeptisch. "Unabhängig vom Ergebnis der bevorstehenden Aktionärsversammlung sind wir davon überzeugt, dass die mittelfristige Finanz- und Unternehmenssituation von GAM das Potenzial hat, die Anlegerergebnisse bei vielen seiner Fonds negativ zu beeinflussen", meint Fondsanalystin Shannon Kirwin. "Während die Autonomie, die GAM seinen Investmentteams gewährt, in der Vergangenheit die Bindung von Managern gefördert hat, hat die Fluktuation in den letzten Jahren zugenommen und wird wahrscheinlich weiter steigen, wenn neue Sparmaßnahmen eingeführt werden."

"Das ist wirklich schade"
Zudem könne der Druck, kurzfristige Gewinne zu erwirtschaften, Anreize für Praktiken schaffen, die den Anlegern schaden, warnt die Analystin weiter. So könnte die Gewinnung neuer Kundengelder über dem Erzielen einer Rendite stehen. Auch könnten höhere Risiken in Kauf genommen werden, um kurzfristig bessere Erträge zu erzielen. "Das ist wirklich schade, denn die Aufstellung von GAM besteht aus einer Reihe talentierter Teams, wie zum Beispiel seinen Spezialisten für Schwellenländeranleihen und japanische Aktien", urteilt Kirwin. (ert)