Das deutsche Wealth Management ist heiß umkämpft. Die öffentlich-rechtlichen und die genossenschaftlichen Institute wie auch die Großbanken wollen Marktanteile gewinnen. Daneben forcieren ausländische Geldhäuser ihren Auftritt und bauen ihre Position aus. So erwirbt die niederländische ABN Amro für ihre Deutschland-Tochter Bethmann Hauck Aufhäuser Lampe, die französische BNP Paribas kauft das Private Banking der HSBC Deutschland.

Daneben tummeln sich viele kleinere Privatbanken – und zunehmend auch wieder Institute aus der Schweiz. Jahrelang hatten sich Geldhäuser aus Zürich, Genf und Co. aus dem deutschen Markt zurückgezogen. Die verschärfte Jagd nach Steuersündern hatte Kunden wie Banken verunsichert. Nun jedoch entdecken Schweizer, aber auch Liechtensteiner Institute den nördlichen Nachbarn.

Etwas anderer Blick
Ein Beispiel ist das Bankhaus Reichmuth & Co. aus Luzern. Das Institut ist schon länger in Deutschland aktiv, hat jüngst aber seine Präsenz umgestellt und eine eigene Vermögensverwaltungs-Tochter gegründet, die Reichmuth & Co Integrale Vermögensverwaltung mit Sitz in München. Als Lenker engagierten die Luzerner Torsten Steinbrinker, zuvor Portfoliomanager beim Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch. Eine zweite Niederlassung hat in Düsseldorf eröffnet.

"Der deutsche Markt birgt sehr großes Potenzial, gerade für Häuser, die mit einem etwas anderen Blick auf die Entwicklung der Konjunktur und der Kapitalmärkte schauen", sagt Steinbrinker im Gespräch mit FONDS professionell. "Der Schweizer Blick zeichnet ein unabhängig-kritisches Bild des Geschehens in der Wirtschaft und an den Börsen." Damit wollen die Luzerner insbesondere die Klientel der Unternehmerfamilien ansprechen.

Neukunden aus dem Netzwerk
Neue Kunden finden die Schweizer vor allem über Empfehlungen, berichtet Steinbrinker. "Wir konnten unsere Präsenz und einen guten Ruf aufbauen", so der Länderchef. "Unsere Netzwerk-Kontakte empfehlen uns weiter." Zunehmend würden Kontakte über Steuerberater oder Notare und Anwälte kommen. Dazu beigetragen habe die Unabhängigkeit von einzelnen Produktanbietern. "Wir sind frei von Vertriebsintentionen", sagt Steinbrinker. "Wir sind sozusagen ein vertriebsfreies Haus."


Wie sich Schweizer Privatbanken wie Reichmuth & Co. von den deutschen Mitbewerbern absetzen wollen und wie die Luzerner Privatbank die Deutschland-Expansion finanziert, lesen Sie in der Ausgabe 3/2024 von FONDS professionell oder hier im E-Magazin.


Zudem seien die Kundenbeziehungen langfristig ausgerichtet. "Bei uns bestimmt nicht das Denken in Quartalen unser Handeln", führt der Ex-Flossbach-Mann aus. "Vielmehr wollen wir langfristige Beziehungen knüpfen." In Deutschland verwalten die Luzerner mittlerweile ein Vermögen in Höhe von 500 Millionen Euro. "Wir wachsen im zweistelligen Prozentbereich – gemessen am verwalteten Vermögen", ergänzt Steinbrinker.

Mitarbeiter gesucht
Doch der Markt ist heiß umkämpft – nicht nur mit Blick auf die Kunden, sondern auch bei der Mitarbeitersuche. "Personal zu finden ist ein herausforderndes Thema", erläutert Steinbrinker, fügt jedoch an: "Dazu konnten wir bereits in der Schweiz ausreichend Erfahrung sammeln, wie wir Mitarbeiter finden und halten." Sein Haus verfolge einen wertebasierten Ansatz. Das stelle für den Kunden wie für den Berater eine wichtige Basis dar. "Kunde, Berater und Unternehmen stehen in einem Dreiklang. Die Werte müssen übereinstimmen", sagt Steinbrinker. (ert)