Auf der Suche nach Renditen in einer Tiefstzinslandschaft rücken alternative Investments zunehmend in den Fokus. Allerdings: Wer nicht gerade ein großer institutioneller Investor ist, der die nötigen Minimumvolumina von fünf bis zehn Millionen Euro mitbringt, für den ist ein Eintritt in solche Märkte schwierig. In der Folge sind nur zwei bis drei Prozent der privaten verwalteten Kundenvermögen in Europa tatsächlich in Private Equity investiert, obwohl der Wunsch danach viel höher sei, sagt Marco Bizzozero, Head of International von iCapital Network. Das US-Fintech versucht, die Hürden für kleinere Investoren zu beseitigen.

Vermögensverwalter, Finanzberater und Asset Manager werden verknüpft
Das Unternehmen, das nun auch in Europa wachsen will, stellt eine technische Drehscheibe zur Verfügung, über die solche Investments rasch und mit geringen Einstiegssummen abgewickelt werden können. Zielpublikum sind auf der einen Seite Banken, Vermögensverwalter oder Finanzberater, die ihren vermögenden Kunden Privatmarktinvestitionen anbieten wollen.

Auf der anderen Seite stehen Asset Manager, die mit ihren Private-Equity-Produkten bisher hauptsächlich institutionelles Geld eingesammelt haben und sich nun für Privatanleger öffnen. In diesem Fall würde iCapital zum Beispiel einen Privatanlegerfonds kreieren, der wiederum in das verfügbare institutionelle Vehikel des Asset Managers investiert (so genannte "Feeder-Fonds"). "Wir verbinden die zwei Welten Wealth Management und Private Equity", sagt Bizzozero. Gut 200 Alternative Asset Manager und rund 800 Fonds stünden derzeit auf der Plattform zur Auswahl.

ELTIFs sollen für Wachstum sorgen
Die internationale Verbreitung dieses Konzepts soll nun durch das Angebot europäischer Investmentvehikel vorangetrieben werden. Im kommenden Monat will iCapital in Luxemburg ansässige RAIF-Feeder-Fonds auflegen, die eine Mindestanlagesumme von 125.000 Euro haben. Darüber hinaus setzt man auf das Wachstum durch ELTIFs (European Long-term Investment Funds) mit deutlich niedrigeren Investitionsbeträgen. Zu Beginn des kommenden Jahres werde man mit dieser Struktur starten. "Wir gehen jetzt wirklich global", sagt Bizzozero. Der von der EU geschaffene ELTIF-Rahmen, der seit 2015 zur Verfügung steht und bisher eher langsam in die Gänge kam, eröffnet Privatanlegern die Möglichkeit, in Assetklassen wie Firmenbeteiligungen, Fremdkapitalfinanzierung oder Infrastruktur zu investieren. Solche ELTIFs stehen ab Investitionssummen von 10.000 Euro zur Verfügung, allerdings ist dafür der Nachweise eines Vermögens von 100.000 Euro nötig.

Bisher kam der größte Teil der rund 86 Milliarden Dollar, die iCapital verwaltet, aus den USA, nur rund 16 Milliarden sind nicht amerikanisch. Davon wiederum drehte sich alles um die großen internationalen "Booking Centers" Schweiz, Hongkong und Singapur. Die ELTIF-Struktur soll nun das Geschäft auf eine breite Basis stellen.

Immer weniger Börsenunternehmen
Dass Private Equity hauptsächlich institutionellen Investoren vorbehalten bleibt, werde zunehmend zu einem echten Nachteil für Anleger: "Es gibt heute 30 bis 40 Prozent weniger börsennotierte Firmen als vor zehn Jahren. Darüber hinaus bleiben die Firmen viel länger privat", erklärt Bizzozero. Konnte – oder musste – damals ein erfolgreiches Unternehmen nach drei oder vier Jahren an die Börse, vergehen heute bis zu 13 Jahre. Vermögen werde also zunehmend abseits der öffentlichen Märkte geschaffen. "Es gibt mittlerweile rund 800 'Unicorns'. Aber es profitieren davon nur Private-Equity-Firmen. Es ist unsere Aufgabe, hier Zugang zu schaffen", so Bizzozero. Konkrete Wachstumsziele für Europa nannte er nicht.

Die im Jahr 2013 in New York gegründete B2B-Plattform hat nach Eigenangaben 530 Mitarbeiter, davon rund 200 Softwareingenieure, die großteils in Portugal sitzen. Es werde das komplette Private-Equity-Spektrum angeboten von Venture Capital über Distressed (Problemkredite), Private Debt (Finanzierung durch Nichtbanken) bis Infrastruktur.

Das Angebot der Plattform besteht laut Bizzozero aus drei Teilen: Man biete zum einen Vergleichbarkeit und Zugang zur Assetklasse samt Strukturierung. Zum zweiten stelle man die Technologie zur Verfügung und drittens eine Wissensvermittlung über Private Equity und die damit einhergehenden Chancen und Risiken. Die Plattform sorge unter anderem auch für eine deutliche Verkürzung der Prozesse. In der Regel dauere es Monate bis zum Einstieg in einen Private-Equity-Fonds, hunderte Seiten an Unterlagen müssten hin und hergeschickt werden. Hürden wie Papier- und Zeitaufwand könnten durch die komplette Digitalisierung der Wege beseitigt werden, so Bizzozero.

Branchentrend
Der Zugang zu Private Equity ist in der Fondsbranche momentan ein großer Trend. Auch andere Anbieter arbeiten daran. So ist zum Beispiel der Vermögensverwalter Fidelity beim Berliner Start-up Moonfare eingestiegen. Dieses will unter anderem mittelgroßen institutionellen Investoren und vermögenden Privatkunden den Einstieg ins Private Equity erleichtern. Im Unterschied dazu möchte iCapital über die ELTIF-Struktur bereits den Weg für weniger wohlhabende Privatanleger ebnen. (eml)


Hinweis: Update, 8.10.: Die Angaben zum geplanten Start der ELTIFs wurde von November 2021 auf Beginn des Jahres 2022 geändert.