Der Glaubenskrieg zwischen den Anhängern aktiven Managements einerseits und Verfechtern von Indexstrategien andererseits verliert in der Praxis an Bedeutung. "Die Wahrnehmung von ETFs hat sich verändert. Die Debatte 'aktiv oder passiv' ist für unsere Kunden in den Hintergrund getreten", sagt Caroline Baron, die seit März bei Franklin Templeton den ETF-Vertrieb in Europa, Nahost und Afrika verantwortet, im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE. Die meisten Anleger stellten sich vielmehr die Frage, welche Lösung für ihre Anlageziele die richtige ist. "In manchen Feldern mag das ein Indexinstrument sein, in anderen ein aktiver Fonds", so Baron.

Dementsprechend sieht sie keinen Widerspruch darin, dass ein Asset Manager mit langer, aktiver Tradition wie Franklin Templeton auch passive Investmentprodukte verkauft. "Eine ETF-Palette ergänzt das bestehende Produktsortiment unseres Hauses. Ich sehe nicht die Gefahr, dass wir damit unser aktives Angebot kannibalisieren", so die Vertriebsleiterin. Der Anbieter war im September 2017 in Europa mit vier ETFs gestartet. Die Gesellschaft konzentriert sich auf den Bereich der Smart-Beta-ETFs. Diese werden nicht anhand der Marktkapitalisierung, sondern nach alternativen Kriterien wie hohen Dividendenzahlungen zusammengesetzt.

Neue Offenheit
Jüngst hatte das Haus das Angebot erweitert und zwei aktiv gesteuerte Strategien im Mantel eines ETFs an der Börse Frankfurt notiert, eines auf kurzlaufende Euro-Anleihen und eines auf amerikanische Unternehmensbonds. "Auch bei unseren aktiven ETFs handelt es sich um noch recht indexnahe Produkte", erläutert Baron, die zuvor bei Invesco Powershares und der Blackrock-Tochter iShares arbeitete. "Die aktiven Strategien unseres Hauses bewegen sich meist jedoch weit von ihrer Benchmark weg." Franklin Templeton hatte aktive ETFs in den USA bereits platziert.

Diese Spielart ist ein vergleichsweise neues und noch kleines Feld. "Erst ein Prozent des in ETF verwalteten Vermögens entfällt auf diesen Bereich. Doch dieses erscheint besonders wachstumsträchtig", erklärt die Managerin die Strategie. Ein Grund für die noch geringe Verbreitung aktiver ETFs ist auch die geforderte Transparenz. Das Portfolio muss aktuell veröffentlicht werden – diesen Grad der Transparenz scheuen viele aktive Manager. Sie fürchten, Konkurrenten, Nachahmern und Arbitrage-Jägern zu tiefe Einblicke zu gewähren. "Für unsere Portfoliomanager ist die tägliche Transparenz kein Problem. Wir bewegen uns mit unseren neuen Fonds in äußerst liquiden Märkten", sagt die Sales-Frau. Zudem seien die Strategien zu komplex, um sie einfach abkupfern zu können.

Heiligenschein verblasst
Mit seinen neuen, aktiven ETFs passt sich Franklin Templeton an die geänderte Kundennachfrage an. "Unsere aktiven ETFs sind für Investoren gedacht, die eine Alternative zu den Erträgen aus herkömmlichen Indizes suchen", erläutert Baron. Angesichts der nach wie vor geringen Renditen an den Rentenmärkten und den zunehmenden Schwankungen an den Aktienbörsen mahnen immer mehr Stimmen, dass rein passive Investments Anleger nicht mehr glücklich machen. "Unsere Portfoliomanager suchen abseits der Vorgaben der Benchmark nach Erträgen – und finden diese auch", argumentiert Baron.

Sogar beim Segment der Smart-Beta-Strategien bröckelt der Schein als universeller Heilsbringer. Mit dem Verweis auf das finanzwissenschaftliche Fundament wurden insbesondere Faktor-Strategien vielfach verkauft. Diese zielen darauf ab, dass bestimmte Merkmale wie die Finanzstärke eines Unternehmens oder die geringe Schwankungsanfälligkeit einer Aktie regelmäßige Risikoprämien einspielen. "Allerdings stellt sich nunmehr in der Praxis heraus, dass manche dieser Faktoren nicht immer den erhofften Mehrwert liefern", erläutert Baron. Auch hier komme es mitunter auf das Timing an, was jedoch ungemein schwer falle. "Daher wächst die Nachfrage nach Produkten, die mehrere Faktoren kombinieren", berichtet die Managerin.

Der Value-Tradition verpflichtet
Das ETF-Team von Franklin Templeton sei schon bei der Auflage der ersten Produkte diesem Wunsch nachgekommen. "Wir konzentrierten uns auf zwei Faktoren, die uns am validesten erschienen und deren Performance erwiesen ist: Value und Qualität." Diese ergänzte das Team noch um die Faktoren Momentum und geringe Volatilität. "Der Schwerpunkt mit 50 Prozent liegt aber auf Value – was auch der Investmentphilosophie und Tradition von Franklin Templeton entspricht", so Baron.

Mit dem Angebot an Smart-Beta- und aktiven ETFs positioniert sich die Gesellschaft auch für eine wachsende Nachfrage aus dem Wohlesale-Bereich. "Wir bereiten uns mit dem ETF-Angebot auf einen Wandel in der Anlageberatung vor, den die Regulierung eingeleitet hat", erläutert Peter Stowasser, Leiter des Retailvertriebs in Deutschland bei Franklin Templeton.

Neue Regeln stoßen Umschwung an
Mit der Finanzmarktrichtlinie Mifid II rückten die Kosten eines Investments in den Fokus. Beobachter rechnen damit, dass zum einen in der Beratung Honorarmodelle stärker Anklang finden. Zum anderen ändert sich aber auch die Produktwelt. "Die Nachfrage nach günstigen, einfachen Anlagelösungen dürfte steigen", folgert Stowasser. "Bei dem Gros der freien Berater mögen ETFs als Instrument zwar eher erst mittel- bis langfristig auf Interesse stoßen. Bei Vermögensverwaltern hingegen dürfte das schon früher der Fall sein, da hier pauschale Vergütungsmodelle bereits verbreitet sind", so Stowasser. (ert)