Der frühere CDU-Politiker und heutige Chefkontrolleur von Blackrock Deutschland, Friedrich Merz, sieht den Zusammenhalt in Europa in Gefahr. Die Lohnkosten in den Krisenländern kletterten wieder, Reformen würden verschleppt oder sogar zurückgedreht. "Die Alarmzeichen sind jedenfalls deutlich sichtbar", sagte Merz der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt". Der Euro sei insbesondere für die Südländer immer noch zu stark.

Demgegenüber profitiere Deutschland sehr von der künstlich geschwächten Gemeinschaftswährung, der Export laufe gut. "Das schafft Spannungen, die Europa auf Dauer wahrscheinlich nicht aushalten wird", so der Blackrock-Aufsichtsrat. "Es gibt ernst zu nehmende Stimmen, die sagen: Entweder der Euro bricht auseinander, oder Deutschland zahlt für immer." Die Währungsunion sei nicht als Transferunion angelegt.

Ernährungsprogramm für AfD und Linke
Eine permanente Euro-Rettung käme in Deutschland einem Ernährungsprogramm für AfD und Linkspartei gleich, so Merz. Ganz ausweglos sei die Lage aber nicht: "Die EU-Kommission hat schon einmal einen Anlauf gemacht, Europa zur wettbewerbsfähigsten, wissensbasierten Wirtschaftsregion der Welt zu machen. Warum nehmen die Mitgliedstaaten das nicht wieder auf?", erläuterte Merz.

Machtfrage gestellt
Zudem wehrte der frühere Unionsfraktionschef Vorwürfe ab, Blackrock habe zu viel Einfluss gewonnen. "Wir sind nicht die Aktionäre der Unternehmen. Wir sind nur die Treuhänder unserer Kunden, auch wenn wir auf den Listen als Aktionäre erscheinen", argumentierte Merz. "Außerdem sind wir von einer marktbeherrschenden Stellung Lichtjahre entfernt. Unsere Kunden bewegen Kurse mit ihren Entscheidungen, Produkte zu kaufen oder zu verkaufen. Wir bewegen gar nichts."

Hinterzimmer-Philosophie
Der weltgrößte Vermögensverwalter habe zudem klare Richtlinien, etwa zur Abkühlphase beim Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat oder zur Zusammensetzung der Aufsichtsräte. Diese Verhaltensweisen fordere das Haus auch von den Unternehmen, an denen es beteiligt ist, ein. Dies geschehe meist jedoch im Hintergrund und nicht auf Aktionärsversammlungen. "Das passt nicht zur Philosophie des Unternehmens. Wir gehen hin, wir stimmen ab, aber die Kommunikation mit Vorstand und Aufsichtsrat findet im Vorfeld statt" erklärte Merz. "Wir wollen keinen öffentlichen Klamauk."

Den Vorwurf aus der Monopolforschung, dass große Fondshäuser die Konkurrenz zwischen Unternehmen einer Branche dämpfen, weil die Asset Manager als Großaktionär an allen beteiligt sind, wehrte Merz ebenfalls ab. "Wir sind eben nicht als Aktionär, sondern im Auftrag unserer Kunden investiert", so der Blackrock-Mann. "Wir sind auch mit den verwalteten Anteilen weit davon entfernt, einen solchen Einfluss auf ein Unternehmen ausüben zu können." (ert)