Not macht bekanntlich erfinderisch. Beim Asset Manager GAM scheinen derzeit alle Denkverbote aufgehoben zu sein: Selbst ein freiwilliger Verkauf des gesamten Geschäfts der GAM Holding AG oder eines Teils davon ist wohl nicht mehr ausgeschlossen. Entsprechende Marktsondierungen befänden sich allerdings in einem frühen Stadium und könnten deshalb noch scheitern, schreibt die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Personen, die darum baten, namentlich nicht genannt zu werden, weil die Verhandlungen streng vertraulich seien.

Im Zuge der Suspendierung von Star-Manager Tim Haywood hatte die GAM-Führungscrew im August erklärt, dass die Fonds-Verwaltungsräte alle Möglichkeiten prüfen, um den Wert und die Liquidität der Portfolios für die Kunden zu maximieren. Zugleich wurde Anlegern und den eigenen Aktionären versichert, dass die Auswirkungen der gegen Haywood erhobenen Vorwürfe über Compliance-Verstöße beherrschbar seien.

Massives Misstrauen
Geldgeber reagierten dennoch verschnupft und zogen in den Folgewochen in großem Stil Mittel aus GAM-Fonds ab. Auch Börsianer senkten den Daumen: Der Aktienkurs von GAM ist in den letzten Monaten eingebrochen, der Marktwert halbierte sich in den vergangenen zwölf Monaten auf etwa eine Milliarde Schweizer Franken oder umgerechnnet 875 Millionen Euro. Auf dem Niveau könnte GAM leicht zu einem attraktiven Ziel für direkte Branchennachbarn werden, mutmaßt Bloomberg.

Die nun aufkeimenden Übernahmespekulationen ließen die GAM-Aktie am Mittwoch in Zürich indes bis zu 16,7 Prozent in die Höhe schießen, das ist der stärkste Kursgewinn seit Oktober 2009. Die Titel notierten gegen 13.30 Uhr MESZ noch immer gut zwölf Prozent im Plus. Ein Sprecher des Zürcher Vermögensverwalters lehnte eine Stellungnahme zum Stand der angeblichen Verkaufsverhandlungen ab.

Appetit von möglichen Käufern wird bereits getestet
Ein Verkauf wäre eine von vielen Optionen, die der Vermögensverwalter verfolgen könnte, um das Geschäft zu stabilisieren und den Druck zu mindern, verlautete aus den Kreisen. Interessenten könnten französische und italienische Asset Manager sowie diverse Vermögensverwaltungssparten von Banken sein, hieß es weiter. Banker haben bereits damit begonnen, bei amerikanischen und europäischen Asset Managern den Appetit der Käufer zu testen, falls sich GAM für eine Transaktion entscheiden sollte, berichteten vier informierte Personen im vergangenen Monat. Sie sagten aber auch, dass zu diesem Zeitpunkt kein formaler Verkaufsprozess für GAM begonnen habe. (mb/Bloomberg)