Wie ein Bericht der "Financial Times" am Sonntag publik machte, bahnt sich zwischen zwei der größten europäischen Banken möglicherweise eine Fusion an. Die Gespräche zwischen der italienischen Unicredit und der französischen Société Générale befinden sich laut Personen aus beiden Unternehmen in einem frühen Stadium. Mit einer Bilanzsumme von rund zweieinhalb Billionen US-Dollar entstünde dadurch ein Unternehmen, das in derselben Liga wie die größte europäische Bank, die britische HSBC, spielen würde.

Bloomberg schreibt in einer Kurzanalyse, dass ein solcher Deal aus Effizienzgründen Sinn mache – vor allem, um Kosten im Investmentbanking weiter zu reduzieren. Die Unicredit könnte vom starken Investmentbanking der Franzosen profitieren, während die Italiener in den vergangenen Jahren durch Zukäufe internationale Standbeine erworben haben, etwa in Deutschland die Hypovereinsbank oder in Österreich die Bank Austria.

Zweifel bestehen aber, weil Frankreich dadurch einen nationalen Champion verlieren könnte. Und die wieder aufkeimende politische Krise in Italien zeigt, dass die Risiken einer solchen Transaktion nicht zu vernachlässigen sind.

Merger erwartet – Aber erst bei voller Bankenunion
Nimmt man die Investoren als Maßstab, wird dem Deal Sinnhaftigkeit zugesprochen: An der Börse zogen die Aktien beider Unternehmen kräftig an. Auch aus der EZB hatte es immer wieder geheißen, dass der europäische Bankensektor weiter schrumpfen müsse. Dabei wurde auch die positive Rolle von Groß-Zusammenschlüssen auf die Effizienz hervorgehoben. Trotz zahlreicher Spekulationen – der Schulterschluss aus UniCredit/SocGen war in den vergangenen Jahren genau so immer wieder Gesprächsthema wie zuletzt etwa Barclays und Standard Chartered – hat sich in Wirklichkeit kein pan-europäischer Mega-Merger ergeben.

Mögliche Gründe dafür: Solche Deals sind komplex, teuer und riskant, wie die EZB selbst in einem Statement schreibt. Beobachter gehen davon aus, dass sich die großen Häuser erst dann an Großfusionen herantrauen, wenn die geplante Bankenunion vollständig umgesetzt ist. Dann könnte man auf zentrale, einheitlichere Regeln am Finanzmarkt vertrauen, wo die Steuerung von den Nationalstaaten vorwiegend auf EU-Ebene übertragen wird. Derzeit ist die Bankenunion nur in Teilen tatsächlich implementiert.

Vor allem Mustier treibt die Idee voran
Der französischstämmige Unicredit-Chef Jean Pierre Mustier, der einst für SocGen tätig war, spiele die Idee jedenfalls seit mehreren Monaten durch, berichtet die Financial Times. Es wird spekuliert, dass Mustier dadurch an die Spitze seines früheren Arbeitgebers gelangen könnte: Mustier hatte den Chefposten bei der seit Jahren kriselnden Unicredit 2016 angenommen. Davor aber hatte er bei der Société Générale eine steile Karriere hingelegt und war sogar als deren möglicher CEO gehandelt worden. Dann bereitete aber der Skandal um den betrügerischen Börsenhändler Jérôme Kerviel seinem Aufstieg ein Ende. Kerviel, der Mustier unterstellt war, hatte durch Spekulationen milliardenhohe Verluste gemacht. Mustier verließ das Unternehmen. (eml)