Marie Cardoen leitet seit November 2016 den Drittvertrieb bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM) in Deutschland und Österreich. In ihrem Unternehmen setzt sie sich aktiv für die Förderung von Frauen ein. Im Interview mit FONDS professionell ONLINE erläutert Cardoen, warum Diversität für ihr Unternehmen wichtig ist, wie GSAM Mitarbeiterinnen gewinnt und unterstützt – und wie mehr Frauen in der Finanzbranche zukünftig Fuß fassen können.


Frau Cardoen, immer wieder ist zu hören, dass Frauen in der Finanzbranche unterrepräsentiert sind. Wie sieht es in Ihrem Team mit der Frauenquote aus?

Marie Cardoen: Lassen Sie mich zunächst grundsätzlich betonen, dass bei Goldman Sachs die Themen Diversität und Inklusion eng zusammengehören. In meinem Team liegt der Frauenanteil bei rund 60 Prozent. Das ist aber nicht alles. Wir haben Mitarbeiter ganz unterschiedlicher kultureller Herkunft und mit unterschiedlicher akademischer Ausbildung an Bord. Diese Diversität ist geschäftlich sehr wichtig für uns, da die Vielfalt natürlich auch bei unseren Kunden anzutreffen ist. Wir brauchen diesen Mix an Perspektiven und Ideen, damit wir Kunden bestmöglich beraten können. Solche Teams sind nachgewiesenermaßen besser darin, Risiken richtig einzuschätzen. Goldman Sachs hat 2019 die Devise ausgegeben, dass bis 2021 die Hälfte aller Junior-Analysten Frauen sein sollen.

Studien zeigen immer wieder, dass Frauen die Finanzbranche nicht unbedingt als attraktiven Arbeitgeber sehen. Was tut Goldman Sachs, um Mitarbeiterinnen zu gewinnen?

Cardoen: Diversität hat für unser Management oberste Priorität, weil wir überzeugt sind, dass sie unseren geschäftlichen Erfolg treibt. Wir haben uns beispielsweise dazu verpflichtet, den Frauenanteil in Führungspositionen und auf Einstiegsebenen deutlich zu steigern und investieren langfristig in diesen Talentpool. Für unsere Mitarbeiterinnen haben wir Entwicklungsprogramme, Mentoring-Angebote und Netzwerke, die ihnen helfen, weltweit Kontakte zu knüpfen. Um neue Talente für uns zu gewinnen, laden wir jedes Jahr Schülerinnen zu einem eintägigen Schnuppertag ein. Zudem bieten wir unterschiedliche Praktikumsprogramme an. 2019 lag der Anteil an Praktikantinnen bisher bei 54 Prozent. Natürlich stehen wir auch im Dialog mit Hochschulen. Ich selbst referiere zum Beispiel über die Chancen von Frauen in der Asset Management-Branche. Ich glaube, es ist wichtig für die jungen Studierenden, zu sehen, dass es auch einer Frau wie mir, die drei Kinder hat, möglich ist, Karriere in der Finanzbranche zu machen.

Brauchen junge Frauen also Role Models?

Cardoen: Ja, weibliche Vorbilder sind aus meiner Sicht sehr wichtig. Das Management Komitee von Goldman Sachs hat mittlerweile acht Frauen in einem Kreis von 32 Personen. Sheila Patel, Leiterin unseres Asset Managements, ist Mitglied dieses Komitees. Zudem waren unter den Kollegen, die es 2018 in den Partner-Status der Firma geschafft haben, 26 Prozent Frauen. Diese Kolleginnen setzen sich stark für die Förderung weiblicher Talente ein. Junge Frauen brauchen aber auch gute Bedingungen bei ihrem Arbeitgeber. Goldman Sachs bietet seinen Mitarbeitern in Frankfurt zum Beispiel eine ganztägige Kinderbetreuung an. Wir haben aber auch interessante Communities. So laden wir zum Beispiel Frauen in Führungspositionen jährlich zu einem Networking-Event ein, um den Austausch zu fördern. Ich sehe immer wieder, dass Frauen sehr gut ausgebildet sind, einen guten Job machen, sie aber im Networking weniger stark sind. Es kommt aber nicht nur darauf an, was man weiß, sondern auch darauf, wen man kennt.

Und was würden Sie jungen Frauen raten, die in der Finanzbranche weiterkommen möchten?

Cardoen: Ich kann ihnen nur dazu raten, mutig zu sein, Herausforderungen anzunehmen und sich Mentoren zu suchen. Mir haben selbst die Mentoring-Programme, die Goldman Sachs anbietet, immer sehr geholfen. Denn dabei redet man schließlich mit erfahreneren Kollegen, die häufig aus einer anderen Perspektive auf Themen schauen und sehr gut Rat geben können. Das ist sehr wertvoll.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)