Die französische Rechtsplattform MyLeo strebt eine Sammelklage gegen die Investmentboutique H2O Asset Management an. Dies kündigte der Pariser Rechtsanwalt Christophe Lèguevaques an, Gründer und Leiter der Plattform. MyLeo sucht nun Kunden von H2O, deren Geld in eingefrorenen H2O-Portfolios gefangen ist. Damit droht dem Asset Manager eine weitere Sammelklage. Die Anlegervereinigung Association Collectif Porteurs H2O hatte jüngst bereits angekündigt, in diesem Frühjahr eine Klage gegen das Investmenthaus einzureichen.

Hintergrund für die Forderungen von H2O-Kunden sind die massiven Investments der Gesellschaft in teils illiquide Wertpapiere, die Unternehmen aus dem Umfeld des Financiers Lars Windhorst zuzurechnen sind. H2O musste einige der Fonds im Sommer 2020 zeitweilig einfrieren. Die Portfolios wurden aufgeteilt und die illiquiden Papiere in sogenannte Seitentaschen ausgelagert, die aufgelöst werden sollen. Die Investments rund um Windhorsts Tennor Holding sind in diesen Seitentaschen gebündelt. Doch die Abwicklung zieht sich hin. Nach langer Verzögerung zahlte jüngst Tennor eine erste Tranche der Schulden in Höhe von 250 Millionen Euro zurück.

Drastische Wertminderung
Anleger sehen einen enormen Schaden. Bei der Ausgliederung der Seitentaschen bezifferte sich deren Volumen auf 1,6 Milliarden Euro. Der Wert der Windhorst-Investments war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits reduziert worden. Zuletzt bezifferte H2O den Wert der Seitentaschen dann nur noch mit rund einer Milliarde Euro. "Der Zweck der Sammelklage besteht darin, durch Verhandlungen oder ein geeignetes Verfahren die Gesamtheit der blockierten Gelder zuzüglich des Schadensersatzes für die verschiedenen von den Anlegern erlittenen Schäden zurückzufordern", teilte MyLeo-Gründer Lèguevaques mit.

Die Sammelklage soll auf den Weg gebracht werden, wenn sich bis Ende April 2023 500 Teilnehmer angeschlossen haben. Die Gebühr beziffert MyLeo auf 550 Euro sowie zwölf Prozent inklusive Steuern der erreichten Entschädigung, sofern eine erreicht wird. Die Plattform hat sich auf Sammelklagen spezialisiert. Die Association Collectif Porteurs H2O hingegen wurde von H2O-Betroffenen unter der Ägide des Finanzberaters Gérard Maurin ins Leben gerufen. Die Gruppe verlangt eine Gebühr von 50 Euro sowie bis zu 30 Prozent inklusive Steuern der erzielten Entschädigungszahlungen. Die Vereinigung wird von dem Prozessfinanzierer Deminor unterstützt.

Gutachter einbestellt
Die Association Collectif Porteurs H2O hatte bereits vor Gericht erwirkt, dass ein unabhängiger Gutachter die Vorgänge rund um die Investments der Boutique in Firmen von Windhorsts Investmentgesellschaft Tennor Holding untersucht. Der Gutachter kann dafür Unterlagen von H2O einfordern. Er soll noch im Januar seine Ergebnisse vorlegen. Danach will die Vereinigung ihre Klage einreichen. Die französische Finanzaufsicht AMF hatte jüngst H2O sowie die Schlüsselfiguren Bruno Crastes und Vincent Chailley vor dem Hintergrund der Windhorst-Investments zu insgesamt mehr als 90 Millionen Euro Strafe verurteilt. Crastes erhielt zudem fünf Jahre Berufsverbot. H2O will die Strafen anfechten. (ert)