Immer mehr Veranstaltungen finden mittlerweile im Internet statt. Bald müssen auch Hauptversammlungen (HVs) von Unternehmen nicht mehr zwingend als Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden. Eine entsprechende Gesetzesvorlage soll laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) noch diese Woche beschlossen werden. Mit Internet-HVs, wie sie in Österreich und der Schweiz schon heute möglich sind, dürften deutsche Unternehmen ihre Termine im Mai und Juni trotz der Corona-Krise einhalten können.

Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) begrüßt die Neuerung ausdrücklich. "Das schnelle Handeln des Gesetzgebers in Sachen Hauptversammlung ohne Präsenzpflicht verdient große Anerkennung", lobt DAI-Chefin Christine Bortenlänger. "Dem Anliegen der Unternehmen nach einer rechtssicheren Hauptversammlung wird sehr weitgehend Rechnung getragen. Auch die Aktionärsrechte kommen nicht zu kurz." Lediglich an der einen oder anderen Stelle müsse der Gesetzgeber nachjustieren.

Fragen rund ums Fragerecht
Der Gesetzentwurf sieht neben der Aussetzung der Präsenzpflicht unter anderem vor, dass Unternehmen künftig Online-Zugänge, die im Aktionärsgesetz geregelt sind, mittels eines Vorstandsbeschlusses den Aktionären öffnen können. Eine Satzungsregelung ist in Zukunft nicht mehr erforderlich. Aktionäre sollen zudem künftig per Internet Fragen stellen können. Diesen Punkt sieht Bortenlänger kritisch. Sie bezweifelt, dass die Unternehmen über die nötige Infrastruktur verfügen, um auf HVs mit mehreren Zehntausend Aktionären Fragen in Echtzeit beantworten zu können.

Immerhin: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Unternehmen bei der Einladung zur HV darauf hinweisen können, dass Fragen bis zu zwei Tage vor der Veranstaltung eingereicht werden müssen. "Das ist genau der richtige Weg. Die Modalitäten zur Ausübung des Fragerechts müssen in das pflichtgemäße Ermessen des Vorstands gestellt werden", zitiert die FAZ den Anwalt Wolfgang Groß, Partner der Kanzlei Hengeler Mueller. Fachleute finden generell viele lobende Worte für den Entwurf. "Mit der Kabinettsvorlage wird eine gewisse Rechtssicherheit geschaffen", urteilt etwa Florian Möslein, Professor für bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Wirtschaftsrecht an der Philipps-Universität Marburg. (fp)